Montag, 14. November 2011

Kunstwäsche

Moderne Kunst hat es bekanntlich nicht leicht, keiner versteht sie und sie ist stets den bekannten Vorurteilen ausgesetzt. Das kann ich doch auch, ist noch der geläufigste Spruch. In mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen prallt Moderne Kunst mit dem Kunstmißverständnis des Reinigungsgewerbes zusammen und solche Kollisionen gegen selten gut aus. Dann bekommen die Kunstverächter wieder mal ihre Vorurteile bestätigt. Klar, den Schrott hätt ich auch grad in die Tonne entsorgt.
Wieder mal wurde ein Kunstwerk das sich "Wenn es durch die Decke tropft" nannte, Opfer vorbildlicher Arbeitseinstellung. Die Ablagerungen im Kessel wurden weniger als Kunst betrachtet, eher als Dreck, der mal geputzt gehört und so kam es wie es kommen mußte. Die Medien hatten mal wieder ein Thema, über Moderne Kunst darf wieder geredet werden. Immerhin war das Werk mit 80 000 € versichert. Und wieviel hat der Schrott gekostet?
Immer wieder wundert man sich darüber, wie irgendwelcher Schrott hochgehypt wird und man fragt sich grade, warum mach ich sowas nicht auch und verkauf es für drei Monatslöhne? Mancher würd gerne so leicht sein Geld verdienen, na können vor Lachen.
Dies bringt uns zu einen anderen Thema, denn während die Medien toben und über die Veränderung der Werkes die Zeilen füllen, das unwiederbringlich verändert wurde, da der Erschaffer nicht mehr unter uns ist, darf man an die zahllosen Graffitiwerke erinnern, die unwiederbringlich von Reinigungschemie und Farbrolle abgemurxt wurden. Da pfeift kein Schwein nach. Zudem ist dies keine Kunstform, von der jeder sagen könnte, das kann ich doch auch.
Doch wozu klagen, diese Kunstform überlebt eben nur auf Fotos.
Was uns zur alten Frage nach der Modernen Kunst zurückbringt, bei der man sich nicht wundert, wenn unbedarfte Zeitgenossen, diese nicht von Müll unterscheiden können und sie auch konsequenterweise so behandeln. Wär vielen von uns sicher auch passiert.
Moderne Kunst ist bekanntlich durch die Nazis geadelt. Seinerzeit als Entartete Kunst entsorgt, hat sie seitdem einen uneinnehmbaren Platz in der Kunstwelt. Wer Kritik übt, sieht sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, bzw. weiß es auch ohne Hinweis, er wiederholt ohne Absicht und Wollen genau die Argumente der Nazis. Da haben die Nazis echt kontraproduktiv gewirkt. Welche Kunst im Faschismus als Alternative galt, nun das ist ein Thema für sich. Ein schlecht kopierter Style aus der Antike galt zu der Zeit als Staatskunst. Zu eigenen Kunstausdruck reichte weder bei Nazis noch bei Faschisten die kreative Energie. Verständlich, wer seine Energie vollständig für Menschenverachtung aufbraucht, da bleibt nichts für eigene Kunst übrig. Kunst sollte die Ideologie vom Herrenmenschen transportieren, bzw. die Retrowelt aus Scholle und Germanenzeit.
Dem gegenüber wurde auch im Osten die Moderne Kunst nicht gerade gewürdigt. Abgesehen von der Anfangszeit, galt spätestens in der Stalinzeit der Sozialistische Realismus als proletarisch. Experimentalkunst, Kunst abseits des Mainstreams galt schnell als Ausdruck bürgerlicher Dekadenz. Der kraftvolle Proletarier mit Hammer und Eisenfaust war das Kunstideal.
Darf man nun nichts mehr über diese Kunst sagen? Ist jeder Kritiker der Modernen Kunst nun Nazi? Wohl nicht. Der Vorwurf steht nach wie vor im Raum, was rechtfertigt Irrsinnspreise für lausige Striche, die der Durchschnittsmensch auch noch nach ausgeuferten Kneipenbesuch auf die Leinwand pinseln würde? Die Frage ist nach wie vor unbeantwortet. Sicher ist nur, vergleichbare Reinigungsattacken im Kunstgewerbe werden auch in Zukunft unseren Alltag bereichern und uns ein Thema zum ablästern verschaffen.


Putzfrau zerstört Kunstwerk von Kippenberger


Ist das Kunst oder kann das weg? Eine Putzkraft in einem Dortmunder Museum entschied sich für letzteres und schrubbte eine Installation des Künstlers Martin Kippenberger weg. Der Fall erinnert an die berühmte Fettecke von Joseph Beuys.
Tagesspiegel 4.11.11

Putzfrau bereinigt Museum um Kunstwerk

Der Kalkfleck gehörte zu Martin Kippenbergers Installation im Dortmunder Museum. Eine Reinigungskraft hat ihn entfernt, der Schaden ist irreparabel.

Die Zeit 3.11.11


Putzfrau schrubbt Kunstwerk kaputt

Etwas zu gut hat es eine Putzfrau bei ihrer Arbeit gemeint. Sie reinigte einige Wände, nun ist ein Kippenberger-Kunstwerk für immer verloren.

Die Welt 3.11.11