Das rote Jahrzehnt in Deutschland (1967-1977), mit Gerd Koenen, Werner Plumpe und Ralf Fücks, 100 Jahre Oktoberrevolution. So der Titel der Diskussionsveranstaltung, moderiert von Rebecca Caroline Schmidt. Nun wenn mir davon was in Erinnerung bleibt, dann die Glanzleistung des Rezitierens der getragenen Rede Rudi Dutschkes. Das war beeindruckend. *ggg* So muß er sich angehört haben und auch nach vierzig Jahren fragt man sich, dem sind sie hinterher gerannt? Na gut, danach ist man noch ganz anderen Leithammeln hinterher gelaufen. Ja und was war so faszinierend am Kommunismus? Das Auditorium mehrheitlich in dem Alter der vermutlich auch mal dabeigewesenen. Nun das hat sich an dem Abend nicht so erschlossen. Wär auch etwas zuviel verlangt dieses komplexe Thema in zwei Stunden abzuhandeln. Genau, was war so faszinierend dran? Retrospektiv betrachtet sicher die Optik. Die Parolen, Roten Fahnen und Aufmärsche. Oder auch die erfolgreiche Revolution. Die freilich schon vorher stattfand und auf die der Oktoberputsch folgte. Aber Erfolgreich und das hast selten in der Geschichte. Die Praxis im Kommunismus war weniger faszinierend und Besuche der Delegationen in den Ostblockstaaten werden im Nachhinein als ernüchternd oder auch bizarr beschrieben. Aber ganz nett mal zu hören, was die Leut von damals so erzählen. Etwa aus der DKP? Ja, da konnte der Mensch uns was erzählen. Was er nicht verriet, daß sich die DKP seinerzeit als Ordnungsmacht gegen linke Gruppen darstellte. Erinner mich noch an eine Aussage aus den 70ern. Die distanzieren sich von allem. Da kriegen wir Bilder von Arbeitern gezeigt, das waren noch bewaffnete Aufstände und wenn heute was läuft, alles Provokationen. Nun ja, eine kleine persönliche Anmerkung. Noch vor einigen Jahren sah es ja so aus, als könntst gegen die DKP nichts mehr sagen. Wär ja schon Störung der Totenruhe. Mittlerweile sind sie zwar auch nicht erfolgreicher, haben dafür einige Leut gefunden, die Webseiten basteln können. Nun darum ging es weniger, eher darum, daß man sich in eine weltweite Bewegung eingebunden fühlte. Und (das war wichtig) auf der richtigen Seite stand. Oder so Geschichten, da waren wir bei Dutschke und haben nichts verstanden. Oder bei Krahl, haben wir auch nichts verstanden. Auch so ein Aspekt von damals. Das Zeug war einfach unverständlich für Außenstehende. Und dann hieß es noch, wir haben Marx gelesen und wenn du Marx nicht verstehst, dann liegt das nicht an Marx. Nun in der Folge dieses Zusammenpralls zweier Welten, entstand bekanntlich die Übersetzung der Klassiker. Heute würde das heißen, Marx für Dummies. Gibt es mittlerweile sogar. Die freundlich für den Arbeiter ausbereiteten Erklärungen hatten freilich nicht nur die Eigenart, das sie reduzierten, sie wollten ja agitieren und so sprach man vom Vulgärmarxismus. Der Marx für die Arbeiter aufbereitet, damit sogar die es kapieren, für die der Wälzer eigentlich gedacht war. Was dabei unterschlagen wurde, waren die Widersprüche bei Marx selbst und das er am Ende der Ansicht war, die Zeit der Revolutionen sei vorbei. Das man in seinen Namen einen Putsch Revolution nennen würde, nun da lässt man Marx im Grabe rotieren. Konnt er sich ja nicht aussuchen. Nun ja, man kann in der kurzen Zeit nicht alles abhandeln. Das kam nicht zur Sprache, dafür aber die Offenbarung beim lesen des Kommunistischen Manifests. Nun als eine Form religiöser Offenbarung war das zwar nicht gedacht, aber für etliche hatte es genau diese Wirkung. Kaum hatte man sich von der nervigen Kirche verabschiedet, fand man hier einen neuen Glauben. Es war eben die Zeit, als man ohne Marx gelesen zu haben, nicht für voll genommen wurde. Und es war die Zeit, als man nur ernst genommen wurde, wenn man die Akronyme der diversen Befreiungsbewegungen in der dritten Welt auswendig wußte. Hierzu konnte Gerd Koenen über Robert Mugabe verraten, daß dieser schon frühzeitig despotische Züge zeigte. Schon diese Aussage hätte damals für einen Auschluß gereicht. So ändern sich eben die Zeiten. Was muß man heute draufhaben um als Linker zu gelten? Wer im Netz rumstöbert weiß es. Bei den Autonomen, Antiimps und Undogmatischen geht es nicht weniger dogmatisch und sektiererhaft zu als damals in der Welt der Marxisten/Leninisten. So ganz vorbei ist diese Geschichte nicht und da muß ich nicht erst die Extremfälle wie MLPD oder Jugendwiderstand anführen. Was man auch zu hören bekam, gehört in die Erklärungsmuster, die versuchten das Phänomen 68er Bewegung zu erklären, die ja nicht auf die BRD beschränkt war. In dem Fall bekamst zu hören, die Welt von früher mit ihren Zwängen war ja vom Mangel bestimmt und dieser prägte die Gesellschaft. Die Warenproduktion und der Überfluß führten zu mehr Freiheit und dazu, daß sich die Gesellschaft wandelte. Die 68er waren demnach nur Nutznießer dieses Wandels. Interessant, könnt man so stehen lassen. Oder auch nicht. Denn es gibt auch Gegenbeweise. Führt der Wohlstand in Saudi Arabien etwa zu mehr Freiheit? Der Überfluß an Waren und daß sie für alle da sind, kann zu mehr Freiheit und Möglichkeiten führen, aber die muß man sich erst mal nehmen. Und in der 60er Jahren war zwar was von der Massenproduktion zu sehen, von gesellschaftlicher Freiheit dagegen eher nicht. Nun es ist die These, die besagt, die 68er wurden gar nicht gebracht, die Freiheit wäre auch so gekommen. Vertreten wird dies vielfach von Leuten, die immer noch voller Hass gegen die neue Linke sind, oder wieder. Möglicherweise 68er Posttraumatisierte? Weil, die Originalgegner der 68er sind bereits großteils weggestorben. Dabei könnte ich sogar einen Nachweis anführen. Ist ja irgendwo was dran und zudem eine Ironie der Geschichte (nennt man meist so) wenn ausgerechnet der verhasste Kapitalismus die Bedingungen für Freiheit schafft. Im folgenden Fall stimmt das sogar. Es geht um die Digitalphotographie. Gab es früher innerhalb der Linken das ungeschriebene Gesetz, auf Demos wird nicht fotografiert oder überhaupt, so konnte man erleben, wie die massive Verbreitung dieser Technik, dieses Verbot beiseite gefegt hat. Die Leute tun es einfach, weil es einfach ist und sie die Geräte stets dabeihaben. Allerdings, von dieser Freiheit muß man erstmal Gebrauch machen. Die Fotoindustrie will ihre Geräte verkaufen. Mehr nicht. Was man mit anstellt, dies müssen die Leut schon selbst tun. Und so dürfte das auch mit 68 gewesen sein. Ja aber was war so faszinierend am KBW oder den anderen Sekten? Möglicherweise daß die versiffter Alternative auch nicht so berauschend und eine nicht weniger interne Veranstaltung war? Ok das führt etwas weit vom Thema. Nun von Koenen ist bekannt, daß er 82 vom KBW abging oder abgegangen wurde. Wie man will. Dies ließ er auch noch hören. Als es hieß, entweder du stellst diese Arbeit an dem Thema ein und gehst in die Fabrik oder wir schließen dich aus. Dann schließt ihr mich eben aus. Dazu wäre zu bemerken. So ging es in diesen Sekten eben zu und das waren Zeiten. Du gehst in die Fabrik. Das muß man sich mal durch den Kopf gehen lassen. Erzähl das mal heute. Welche Fabrik bitte? Und können vor Lachen. Andererseits, schaut man sich die Biographien der drei auf Wikipedia so an, der Dogmatiker würde darin seine Theorie vom kleinbürgerlichen Karrieristen bestätigt finden, dem man nicht trauen kann und die mit Fabrikarbeit umerzogen werden müssen. So auch die Politik des KBWs. Und weil diese Karrieristen nicht 'entlarvt' wurden und der Kampf zweier Linien nicht konsequent geführt wurde, scheiterte das Projekt K Gruppen und auch der Kommunismus im Osten. Was soll denn dieser Quatsch? Gute Frage, es gibt aber echt Superschlaue die genau diese Erklärungsmuster der Netzgemeinde als ernst zunehmende Analyse anbieten. Nein, muß man wirklich nicht ernstnehmen. PS: Bei der MLPD gibt es die Reihe, dem Antikommunismus keine Chance. Eine derartige Veranstaltung wäre ein gefundenes Fressen für die letzten aufrechten Verteidiger der reinen Lehre. Und hier ein kleines Zitat aus dem Dogmatikersumpf. "Der Dämonisierung Stalins, der Oktoberrevolution und des sozialistischen Aufbaus entgegen zu treten, gehört dagegen zu den Aufgaben aller Revolutionäre, die für einen neuen Anlauf zum Sozialismus die Massen gewinnen wollen! Wenn wir Stalin verteidigen, dann verteidigen wir insbesondere den Marxismus-Leninismus, an dessen Weiterentwicklung Stalin unwiderruflich beteiligt war." Noch Fragen? Siehe auch: Das rote Jahrzehnt |
Freitag, 3. November 2017
Faszination Kommunismus
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