Dienstag, 26. Februar 2019

Bücherschrank

Was kann man zu den Bücherschränken sagen? Sie sind seit einigen Jahren im Stadtbild verteilt und rund um die Uhr offen. Entstanden sind sie fraglos aus der Idee der Tauschbörsen. Ohne daß Geld nötig wäre, du gibst was und bekommst was. In dem Fall freilich ohne Plan. Man stellt was ein und kann bei Interesse Bücher entnehmen, oder man lässt es und verschiebt es auf einen späteren Zeitpunkt, da könnte ja was zu finden sein. 
Soweit erstmal zur Idee, die ja durchaus gesellschaftlich nützlich ist. Doch warum funktioniert es und warum erst jetzt und nicht bereits früher? Ist eben niemand auf diese Idee gekommen? Im Prinzip schon. Schon früher gab es in linken Projekten Bücherecken wo man sich bedienen konnte. Nicht besonders frequentiert, was an der Auswahl der Literatur lag. Billigausgaben langweiliger Politschriften bildeten den Hauptbestand und man kann sich vorstellen, es machte wenig Spaß sich da zu bedienen.
In Bücherschränke dagegen werden nicht nur Unterhaltung oder populäre Darstellungen eingestellt, sondern auch Lexika oder Werke, die seinerzeit teuer waren. Von allem was dabei. Gelegentlich auch in neuzeitlichen Medienträger, wie CD oder DVD. Doch bleiben wir beim Buch. Warum Bücher zu finden sind, die man mal teuer bezahlen mußte oder auch im Antiquariat noch ihren Preis hatten. 
Es ist ein Zeichen des Umbruchs in der Medienlandschaft. Das Buch hat nicht mehr die Bedeutung als Hauptträger von Informationen. Es wäre freilich etwas vorschnell zu behaupten, das Buch ist out. Ist es auch nicht. Nach wie vor werden Bücher gedruckt und auch gekauft. Sicher, darunter sind viele die nur zum Konsum gekauft werden und um sie ungelesen ins Regal zu stellen. Genau solche finden sich auch gelegentlich im Schrank. Fast neuwertig, unbenutzt oder sogar noch original eingeschweißt. 
Es soll man Zeiten gegeben haben, da wurden Bücher vererbt. Das kann man sich heute nur noch schwer vorstellen. Zumal sich die Bücher auch verändert haben, verändern mußten. Ein Wörterbuch in bleischwerer Typographie wäre heute nicht mehr zu verkaufen. Es muß schon etwas Farbe rein und einige eingeschaltete Kästen dürfen an das Lay Out im Rechnerprogramm erinnern. Bildbände mit statischer Typographie und Fotos im grobegerasterten Offsetdruck wird auch kein Verlag mehr produzieren oder es wagen, sowas auf der Buchmesse anzubieten. Da muß man von der Drucktechnik und vom Lay Out schon etwas mehr bieten. Hier folgt man den Sehgewohnheiten aus der Illustriertenpresse. Fachbücher dagegen dürfen immer noch konservativer aussehen, je nachdem, für wen sie gedruckt werden. Schulbücher sollen auch durch neues Lay Out Interesse wecken oder das Material leichter erfassbar machen. Auch hier hat sich mit der Zeit was verändert. Auch Schulverlage passen sich an die Sehgewohnheiten der Internets an. 
Wir sehen, allen Schwarzsehern zum Trotz, das Buch ist noch lange nicht tot. Doch es ist eben nur ein Medium unter einigen neu dazugekommenen. Das Buch hat nicht mehr den Wert wie früher. Und das soll heißen, nicht nur der Preis, den man bezahlt hat, sondern die Wertanlage, die man aufhebt. Hast mal 20 DM für bezahlt. Lange her. Nimmt nur Platz weg und heute sehen Bücher auch anders aus. Es ist also leichter sich davon zu trennen. Und genau das zeigen die Bücherschränke. Die Veränderung des Gebrauchswertes den das Buch darstellt. Konservative Kulturträger können da wieder jammern und klagen und das tun sie ohnehin in schöner Regelmäßigkeit. Dazu mußte nicht erst das Internet allgemeine Verbreitung finden, aber seitdem sind ihre Klagen noch verbitterter geworden. Verständlich, wenn man seine Felle davonschwimmen sieht. Doch das ist ein Gebiet für sich. 
Bücher ändern nichts, sonst wären sie verboten. Der alte Scherz. Und auch in dem Fall haben einige etwas mißverstanden, wenn sie ihre religiösen Traktate hier unters Volk bringen wollen. Es finden sich stets welche, die solche gutmeinenden Schriften aussortieren. 
Das sie ganze Massenproduktion der Simmels und Konsaliks  oder denk positiv Bücher den Schrank verstopfen, darüber kann man hinwegsehen. Zeigt aber auch, was für einen Müll die Leute gemeinhin so kaufen. Und das haben die auch noch gelesen? So wird ein Bücherschrank durchaus zu einen Spiegel früherer Lesegewohnheiten.
Nun so läuft das eben. Das Buch, vom teuren Werk für wenige, die lesen und es sich leisten konnten, zu einer Massenware von der man sich nach Gebrauch leichthin trennt. So läuft der Fortschritt und im Bücherschrank kann man es sehen.

Siehe auch: Wikipedia 
Öffentlicher Bücherschrank