Das war er mal wieder. Der Erste Mai auf dem Römer. Alle Jahre wieder, das bekannte Sammelsurium aller linken Gruppen die was mitzuteilen haben. Eine der wenigen Termine, an der nicht nur Gewerkschafter auf die Straße gehen, auch diverse Kommiegruppen zeigen wieder mal Flagge. Und die Kopfbanner unter anderem mit Stalin und Mao, womit sie dokumentieren, daß bei ihnen Hopfen und Malz verloren sind. Damit wirken sie stets wie aus der Zeit gefallen. Als hätten sie sich aus den Siebzigern in die Neuzeit verirrt. Man könnt drüber hinwegsehen und sie einfach als Konservativen Traditionsverein abhandeln. Doch wann bekommt man schon den Hammer und Sichel zu sehen? Na eben. FAU ist ebenfalls vertreten und will den Kapitalismus abschaffen. Mit einer Graphik bei der eine rote und schwarze Hand ineinandergreifen. Anarchie und Kommunisten, ob das noch mal der Beginn einer wunderbaren Freundschaft wird? Oder werden im Zweifel wieder die Anarchisten erschossen? Derjenige, der vermutlich mehr Anarchisten als jeder andere, an die Wand stellen ließ, ist ikonographisch vertreten. MKP oder MLKP sind auf der Maidemo Dauergäste. Ansonsten scheinen sie nur virtuell zu existieren. Doch das lässt sich von vielen der Vereine sagen. Die SDAJ fordert her mit der Kohle. Da sich nur wenige Klimakids auf die Maidemo verirren, besteht keine Gefahr missverstanden zu werden. Hätt ja sein können. Ja und auch die Friedensfreunde dürfen nicht fehlen. Stoppt den Krieg gegen Russland. Und natürlich keine Waffenlieferungen. Da muß man nicht lange fragen, auf welcher Seite sie stehen. Stoppt das Töten in der Ukraine, fordern andere Komiker. Und vom Kommunisten zum Komiker scheint der Weg gar nicht so weit, wenn man eine Zeile drunter Verhandlungen fordert. Die Frage wäre nur, an wen sich diese Forderung richtet. Ne echt, warum kann die Ukraine nicht einfach kapitulieren. Dann könnte man drüber verhandeln, wer nach Sibirien deportiert oder wer gleich erschossen wird. Wenigstens haben solche ‚Friedensfreunde‘ nichts zu entscheiden. Man wollt es nicht miterleben. Und natürlich darf Sozialismus oder Barbarei nicht fehlen. Da fragt man sich, ob der Sozialismus wirklich die Barbarei beendet hat (ohne den Barbaren zu nahe treten zu wollen) oder ob es nicht da erst richtig los ging. Die historischen Barbaren randalierten ein wenig in Rom, waren nicht ganz so kulturell auf der Höhe der Zeit, doch eine große Säuberung in dem Ausmaß, dürfte auch ihnen etwas zu fortschrittlich erschienen sein. Doch es gibt nicht nur Traditionspflege, einige möchten gerne auf der Höhe der Zeit sein. Und das bedeutet heute, Sprachverschandlung. Der Funke zeigt es. Marxistische Studierende. Studenten gibt es heutzutage nicht mehr. Die Flintenweiber ;-))) ähm Flintas haben ebenfalls ihren eigenen Block. Wenn man den so nennen will. Ein kleines Häufchen hat sich da niedergelassen und wegen den paar Spinnern gleich die ganze Sprache neu umzudichten, erscheint mir doch ein wenig übertrieben. Sicher, auch bei den Kommunisten schien es angekommen, das es keine Arbeiterklasse gibt, sondern eine Arbeiter/innenklasse. Völker/innen hört die Signale. Ob die Internationale damit zum Hit geworden wäre? Man darf es bezweifeln. Ein Friedensfreund zeigt blaue Flagge mir Nato raus Forderung. Natotruppen in der Ukraine? Haben wir was verpasst? Nun ja, muß man Verständnis haben. Niemand mag Putin und nur noch hier hat er seine Fans. Dafür zeigen die Exiliraner Solidarität mit den Frauen in der Heimat, die sich gegen das Islamregime wehren. Na bitte, es muß ja auch noch vernünftige Leut geben.
Frankfurter Allgemeine Zeitung |