Freitag, 16. März 2018

Das rote Jahrzehnt

Zugegeben, für eine Rezension ist der Text wirklich etwas lang geraten. Doch wenn ich einmal am Schreiben bin, da fällt mir doch so einiges zum Thema ein. Oft mehr als im Buch steht.

GERD KOENEN
Das rote Jahrzehnt
Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967-1977

Das Rote Jahrzehnt. Koenen war dabei. Das waren viele und das allein qualifiziert noch nicht, zuverlässig drüber Auskunft geben zu können, was da los war. Was den Autor als Zeitzeugen ausweist, wäre seine langjährige Tätigkeit im KBW an führender Stelle.
Doch bereits Jahre davor bei der APO dabei gewesen, beginnt er das Rote Jahrzehnt mit den Schüssen auf Benno Ohnesorg und lässt es mit den Schüssen in Stammheim enden. Zwei durchaus willkürlich gesetzte Markierungspunkte über die man geteilter Meinung sein darf. Soweit die Eckpfeiler des Buches, auch wenn es noch bis 82 der Parteiauflösung  (und der Überführung des Nachlasses in die Kühl KG) und bis hin zum Abschluß der Sektion DDR der KPD/ML reicht, als er 90 drei Vertreter trifft, die Jahre im DDR Knast dafür gesessen haben und aber dafür 90 blass und mit intakten Weltbild bei einer Veranstaltung in Fechenheim (Frankfurt) anzutreffen sind
Dazwischen ist viel passiert, doch auf den 500 Seiten geht es nicht um die Geschichte der BRD, in der 68 und RAF durchaus ihren Platz finden.
Sicher geht’s auch um die. Vor allem aber geht es um die Vielfalt der Gruppen und Vereine, die wegen Bedeutungslosigkeit und Erfolglosigkeit von der Geschichtsschreibung eher ignoriert werden. Dabei waren in ihnen mehr organisiert als bei der APO.
Das Buch ist in Kapitel gegliedert, ein Literaturverzeichnis  wie auch ein Register bildet den Abschluß. Zudem viele Fußnoten aus der entsprechenden Literatur zum Thema bzw. aus der Presse mit Zitaten.
Trotzdem bezeichnet der Autor das Buch eher als Erzählung, weniger als wissenschaftliche Darstellung. Möglicherweise um sich von dem Mißbrauch der lang genug mit den Klassikern als ‚Wissenschaftlicher Sozialismus‘ getrieben wurde, abzugrenzen? Wir wissen es nicht. Man kann es vermuten. Wir reden hier immerhin von Menschen und dem was sie tun oder auch nicht. Dies als Wissenschaft zu bezeichnen stammt aus der Zeit, als man an die Wissenschaft als unbestrittenen Fortschritt glaubte und man wollte auf so ein mächtiges Werkzeug nicht verzichten. Gut, das ist ein gesondertes Thema.
Was seine Darstellung von etlichen Selbstzeugnissen diverser Beteiligter unterscheidet, ist der düstere Unterton. Hier wird die APO keineswegs als ach so tolle, muntere, emanzipatorisch antiautoritäre Veranstaltung beschrieben, mit viel Sex and Drugs and Rock n Roll, wie es sonst zumeist an Gedenktagen rüberkam und Nichtbeteiligte glauben ließ, da hätten sie was verpasst. Schon deswegen lohnt es sich mit dem Buch mal eine andere Meinung einzuholen. Vor allem räumt Koenen mit dem Mythos auf, die K Gruppen hätten mit dem autoritären Marxismus Leninismus die antiautoritäre Bewegung auf dem Gewissen. Oder die Spontis wären die legitimen Erben der Antiautoritären. Das ist zwar nicht der erste Versuch, schon frühere Autoren versuchten diesen zählebigen Mythos zu relativieren, aber Mythen sind eben hartnäckig, weil sie sich so nett anhören.
Mythen zurechtrücken ist stets ein verdienstvolles Unterfangen wenn auch ein frustrierendes. Gegen 68 anzuschreiben ist so eine Sache. Die Bilder sind es, die im Kopf bleiben, die geweckten Wünsche und die abenteuerlich klingenden Geschichten.  Da übersieht man schon mal den irrealen Wahn, der in dieser Bewegung umherspukte. Aber gegen die Bilder von Uschi Obermaier sehen die 70iger alt aus. Auch wenn in den 70ern viel passiert ist, in den 80ern die Linke insgesamt um einiges erfolgreicher als die APO war, 68 hatte fraglos die besseren Bilder und sogar die RAF hatte noch Gudrun Ensslin. Was haben wir? Immerhin einen Film über Uschi Obermeier die lägst zu ihren eigenen Mythos geworden ist und der sich längst von der noch lebenden Person gelöst hat.
Aber wie das mit dieser Mischung aus Geschichtsschreibung und Erinnerung so ist, jeder der dabei war, hat seine eigene Geschichte bzw. sich seine Geschichte zurechtgelegt.  Und viele die dabei waren, wollen heute gar nicht mehr dabei gewesen sein.
Was auffällt, geht es um die Aufarbeitung der ML Geschichte, diese kommt zumeist von ehemals an führender Stelle Beteiligten, während einfache Mitglieder dazu wenig zu sagen haben.
Eine Frage wäre an dieser Stelle zu beantworten. Warum sollte man sich die 500 Seiten antun? Einen Grund kann ich nennen. Man erfährt Sachen, die nicht mehr so geläufig sind, aber trotzdem von Interesse. Sensationelle News hat der Autor nicht zu bieten. Ist auch gar nicht nötig und nicht der Sinn der Darstellung.

Im Kapitel Wahn und Zeit wird an der Person Dutschke der Nachweis geführt, so viel Antiautoritäres war da gar nicht. Zudem die revolutionären Schlachtpläne, von Che übernommen, standen den späteren Realitätsverkennungen der K Gruppen in nichts nach. Ja, auch Che wird nicht geschont. Mit dem Zitat, den Menschen des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Liest sich auch heute recht nett, Der Mensch des 21. Jahrhunderts. Das Jahrhundert ist war noch jung, aber soviel kann man bereits jetzt sagen. Die Menschen haben sich nicht verändert. Einige Arschlöcher wurden seither gestürzt, andere sind weggestorben, dafür sind neue nachgerückt und auch sonst scheint der Rest nichts dazulernen zu wollen.  Von wegen der neue Mensch.
Kloppt da einer wütend mit dem Hammer auf die 68er? Der sicher nicht, er war ja selbst mitten drin. Und im Gegensatz zu den Erzählungen die regelmäßig an Jahrestagen die Seiten der Medien füllten, oft hörte man von Beteiligten, eine skeptische bis ablehnende Rückschau. Von Begeisterung war da meist wenig zu hören. Gab es zwar auch, so etwa wie Kriegserinnerungen, die sich hinterher ja auch wie ein großes Abenteuer anhören.
Oder so. Wer sein Bild von 68 im Sinne von Friede, Freude, Sex, Drugs und etwas Terror behalten will, lässt von dem Buch besser die Finger.
Zum Verständnis lässt sich wieder ein Dutschke Zitat anführen. „…. die repräsentative Demokratie zu zwingen offensiven Klassencharakter zu zeigen……!“
Eine Politik die hinterher nahtlos von der RAF fortgesetzt wurde.
Ein weiteres Zitat. „Es hängt primär von unserem Willen ab, wie diese Periode der Geschichte enden wird!“ Das reicht als Nachweis, daß die K-Gruppen ihre ins Irreale wachsenden Politikvorstellungen nicht erst erfinden mußten, sie könnten als kleine Gruppe die Welt auf den Kopf stellen.
Man könnte nun meinen, der Neid eines Zuspätgekommenen? In dem Fall sicher nicht. Zudem, die Mehrheit der K-Gruppengründer, kam ja aus dem SDS.
All das zeigt, daß die 68er nachträglich antiautorisiert wunden um sie umso strahlender von der finsteren Zeit der ML Parteien abheben zu können.

Im Kapitel Meer der Jugend schreibt Koenen zum Mythos der Jugendbewegung, die einen übergreifenden Kontext zu bilden schien. Tatsächlich hatte sie wenig gemeinsam. Die Studenten in Berkley verband wenig mit den Roten Garden in China die …. zu einen terroristischen Kinderkreuzzug aufbrachen und diese noch weniger mit den Provos von Amsterdam. Es gab allenfalls die Vorstellung einen solchen Zusammenhangs.
Koenen vertritt heute die Ansicht, daß die Umwälzungen in der Gesellschaft mit ihrer gesteigerten Produktion und Konsum, die eigentlichen Ursachen für die gesellschaftlichen Umbrüche waren. Gleichzeitig wurde versucht, die verschwundene Welt aufrechtzuerhalten (siehe rückständige Gesetze) bzw. ihr nachgetrauert. Ideologisch lebte man noch im letzten Jahrhundert.
Also die Theorie, wonach Massenproduktion und verbreitete Teilhabe der Bevölkerung zu Veränderungen führen, während ein großer Teil noch in der Zeit des Mangels lebt.
Da ist er in passender Gesellschaft. Nicht wenige haben bereits versucht 68 kleinzureden, indem sie darauf verwiesen, es wäre auch ohne sie zu Veränderungen gekommen. Kann man geteilter Ansicht sein. Was nützt eine unverschlossene Tür, wenn sie niemand zu öffnen versucht, weil jeder glaubt, sie kann nur verschlossen sein. So etwa könnte man das auch darstellen.
Soll heißen, die 68er hätte in der Stube bleiben können. Gesellschaftlichen Fortschritt hätten wir auch so bekommen? War alles unnötig? Hätte man sich die ganzen Demos und die ganze Aufregung sparen können? Hinterher ist man immer klüger. Oder müßten Frauen selbst heute noch die Arbeitserlaubnis ihres Mannes haben? Und müßten Paare noch heute im Hotel bei Doppelzimmerbelegung nachweisen, daß sie verheiratet sind? Nur weil auf einmal die Leute Geld für eine Vespa haben und damit in den Süden fahren können, verschwinden verstaubte Gesetze und Regeln nicht von alleine.
Was dieses Meer der Jugend fraglos inspiriert hat, war der Mythos Che. Hier genügt es seine Botschaft an die Trikontinentale 67 zu zitieren, von der nur noch das schaffen wir zwei, drei, viele Vietnams in Erinnerung geblieben ist. Die Soldaten der Revolution müssten beseelt sein, vom unbeugsamen Haß dem Feind gegenüber. Dies würde in der Ansprache eines Faschistenführers auch nicht weiter auffallen. Schon bemerkenswert, wie austauschbar die Sätze sind. Noch bemerkenswerter, daß man solche Reden ernstgenommen hat und alle sein Bild an der Wand hatten. Sah sehr Anti und Provo aus, hätte man genauer nachgelesen was er so von sich gab …! Dauerte etwas, bis sich dies herumsprach. Hält Reden vor den Bergvölkern Boliviens und die verstehen kein Spanisch. Dumm gelaufen. Schlechte Vorbereitung.

Das Kapitel Vergangenheitsbewältigung zählt nicht unbedingt zu den Glanzlichtern, dafür liest man hier was von Max Horkheimers bekannten Satz, wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen. Der stammt aus früheren Jahren und wurde gegen den erbitterten Protest seines Autors zur zeitlosen Maxime erhoben. Na schau an. Auch nicht so geläufig.
Ansonsten etwas schwierig zu lesen. Es geht um die seltsamen Wege die von der Enttäuschung auf der falschen Seite zu stehen, dazu führte, daß man mit Che gegen den US Imperialismus endlich den Weg zur richtigen Seite gefunden hat. Die Nazis, das waren  nun die Amis und Zionisten.
Angefacht durch Che s manichäistische Weltbrandreden die auf seltsam unkritische Zuhörer trafen. Jedenfalls haben Grundzüge dieser Ideologie bis heute überlebt.

Das Kapitel Fetisch Organisation beginnt mit den Frauenaufstand und den berühmten Tomatenwürfen. Wie es im SDS zuging wird bereits in etlichen Texten beschrieben und Koenen hat viel gelesen und kann die einschlägigen Storys zitieren. Es ist ein Mythos den besonders die später in den 70ern Aktiven glauben wollten. Früher war alles besser. Bei frustiger Agit Prop bei dem der Zeitungsstapel nicht kleiner werden wollte oder einer Veranstaltung mit markigen Reden, die der Lokalpresse keine Zeile wert waren, war man umso mehr von 68 beeindruckt, wo alles noch einfacher war, man die Leute hinter sich hatte und die Medien jeden Pfurz druckten. So erschien es wenigstens aus der Rückschau.
Über die Schlacht vom Tegeler Weg erfahren wir im Gegensatz zu den hinterer gesponnenen Mythen, die Schlacht hat sich spontan und chaotisch entwickelt. Beide Seiten hätten demnach die Kontrolle drüber verloren. Liest sich schon etwas anders, aber dafür kam nun das Schlagwort der Militanz auf, das die nächsten Jahrzehnte nicht mehr aus der linken Debatte verschwinden würde.
Weiter geht es nun zur Ausbreitung des Maoismus. Den mußten nicht erst die K Gruppen erfunden. Dazu lesen wir, wie passten diese roten Überväter, die von ihren Tribünen herabwinkten, in das Bild einer antiautoritären Revolte? Hier zitiert der Autor sich selbst und zwar aus seinem Buch, die großen Gesänge. Da geht es um die Lobgesänge ansonsten nüchterner Denker auf die Führer des Kommunismus. Ein Thema für sich.
Oder so. „Wenn ein unbefangener Beobachter die Photos so mancher 68er Demonstration anschaute, dieser zeremoniellen Umzüge mit Ikonen von Marx und Engels, Fidel und Che, dann wird er wohl kaum eine ‚antiautoritäre‘ Kundgebung dahinter vermuten.“
Zu der Zeit fand auch das Buch mit den Maosprüchen seine Verbreitung. Diese Sammlung, mit dem bis heute von Superschlauen verbreiteten Spruch, von der Revolution die kein Deckchensticken ist, stellte eine lyrisch revolutionäre Hausapotheke dar. Für jeden was dabei. Und lange danach noch wurden die Sprüche in diversen RAF Erklärungen zitiert.
Nun zur berühmten Kommune. Koenen bedient sich an der verbreiteten Literatur darüber und diverser Selbstzeugnisse. Das mit der sexuellen Befreiung war eher ein Hoax, so würde man das heute ausdrücken und was das berühmte Foto betrifft, nun das lässt sich überall nachlesen. Das Photo kennt man, mittlerweile auch die filmische Nachstellung, bei der allerdings auf den Jungen der in die Linse schaut, verzichtet wurde. Um Mißverständnisse zu vermeiden?
Es gab noch Kinder aus früheren Verhältnissen die nicht in die Kommune passten und grad mal abgeschoben wurden. Bereits hier findet man den Vorläufer der späteren Entsorgung der Kinder wenn es in den Untergrund ging. Das hieß dann radikaler Bruch mit dem alten Leben.
Koenen überschreibt die Kommune mit Idioten der Familie. 68 als Familienroman? Es bleib alles in der Familie und auch andere Autoren haben sie 68er Story als eine Form des Familienstreits betrachtet. Die Bewegung als eine Trennung von den Nazieltern bis hin zu diversen Selbstreinigungsritualen. So kann man 68 auch erzählen. Als Trennung vom kontaminierten Elternkörper und Hinwendung zu einer neuen Familie. Der Revolution, den kämpfenden Völker oder der Arbeiterklasse.
Wenn wir 68 also als Familienroman lesen wollen, dann stellt sich auch die Frage, wer gehört überhaupt zur Familie und wer nicht?
Sicher könnte man nun sagen, es wird der bekannte Tratsch aus der Zeit wiedergegeben. Nur sind diese Storys eben Teil der Literatur zum Thema 68.
„Hier bot sich der Palästinakonflikt als Scheidelinie an. Wer einmal zu den Palästinensern übergetreten war, befand sich in einem völlig anderen System von Werten. Man ließ alles zurück, wurde ein neuer Mensch und gehörte nun zur Weltguerilla.“ Vor allem hatte man mit der Judenvernichtung und dem Nazierbe nichts mehr zu tun. Die Nazis, das waren jetzt die Zionisten.
„In der jordanischen Wüste fanden sie ihren Bezugspunkt. Hier war alles sehr einfach, der Feind deutlich“. Hier die Revolution, jenseits des Jordans die Zionisten. Nein, natürlich  nicht die Juden. Wer käme nur auf so eine Idee? Ina Siebmann wird namentlich genannt. Auch so ein vergessener Name. Man muß schon auf Wiki nachsehen.
Ich lebte mit dem Kommando, ich kriegte einen anderen Namen …… und auf einmal war sie ein neuer Mensch. 82 fand sie im Libanon unter ungeklärten Umständen ihr Ende. Und das erinnert uns an was? Koenen schreibt das zwar nicht, aber man darf ja mitdenken. Um 1980 als das ganze Pack nach Poona pilgerte und da zum neuen Menschen wurde, mit neuem Outfit und neuen Namen. Als sie wiederkamen, war unschwer zu erkennen, sie sind immer noch die Arschlöcher, die sich auch vorher waren.  Dies nur nebenbei bemerkt.
Eine Anmerkung noch, was die klare Trennungslinie am Jordan angeht. 70 und 71 wurden die Flüchtlingslager mit ihren Strukturen von der jordanischen Armee zerschlagen, als die Palästinenser quasi einen Staat im Staat errichteten. Daher auch der Name ‚Schwarzer September.‘ Soviel zur klaren Trennlinie über Freund und Feind.
Der Entschluß mit der Vergangenheit zu brechen führte also einige nach Jordanien, andere in die verbindlichen Strukturen einer Organisation. Nun kam es zum

Gründungsfieber.
Was auch die Überschrift des folgenden Kapitels darstellt.
Man wollte sich irgendwo verankern „und suchte den Punkt in der Zeit vor 1933, vor der Katastrophe nach verschütteten Ansätzen und Traditionen und wurde fündig. Es stellte sich heraus, daß Deutschland neben Sowjetrussland die stärkste revolutionäre Arbeiterbewegung überhaupt gehabt hatte.
Man entdeckte die intellektuellen Querdenker die aus dem stalinistischen Permafrost aufgetaut waren. Deren Schicksal hätte aber auch ein Warnruf sein können. Aber die Geschichte ist bekanntlich die beste Utopie.
So viele Elemente eines revolutionären Pantheismus es gab, so sehr bleib auch die neue Linke in all ihren Verzeigungen zuerst und zuletzt eine Schriftreligion. Für die Anhänger jeder der feindlichen linken Konfessionen waren ihre jeweiligen kanonischen Texte Alpha und Omega.“

Ja, so kann man es auch ausdrücken. Hat sich herumgesprochen, das aus einer gutgemeinten Idee schlußendlich ein Theologisches Lehrgebäude wurde, in dem es auch  nicht besser zugeht als in der Amtskirche oder in den diversen Sekten.

In Frankfurt bildete sich 69 die erste ML Gruppe. In diesem spontanen Parteibildungsprozeß gehörten terroristische Aufnahmerituale mit bohrenden Fragen über Herkunft, Motivation, Lebensweise  und ideologische Festigkeit.

Diese Aufnahmerituale ziehen sich durch die ML Gruppen bis Mitte der Siebziger. Die berühmt berüchtigte ‚proletarische Herkunft‘  und das in einen Land, in dem der ‚Ariernachweis‘ noch vor kurzer Zeit oftmals über Menschenleben entschied. Geschichtsvergessener ging‘s ja kaum. Es ist im Rückblick auch schwer nachvollziehbar.
Heute würde niemand mehr auf solche Schnapsideen kommen. Proletarische Herkunft.  Hieß es zu der Zeit noch, Heirat zwischen den Klassen geht schon deswegen nicht, weil ein geistiges Niveau auf gleicher Höhe bestehen sollte. Das war früher die Klassenmarke, oder ist es immer noch. Wobei heute eher der Bildungsgrad entscheidet. Die Arbeiter selbst waren alles andere als stolz auf ihre Herkunft. Oder warum sollten die Kinder mal was Besseres werden? Nun wurde auf einmal der Prolet hochgehypt. Gut, den Begriff kannte man zu der Zeit noch nicht.
Erinnert man sich an die vorhergehenden Abtrennungen, mit der man seine Herkunft hinter sich lassen wollte um, etwa in Jordanien ein anderer Mensch, ein Revolutionär zu werden, denn da schien die Herkunft unbedeutend. Doch in einer ML Partei konnte man nicht einfach seine Herkunft zurücklassen. Die vielzitierte kleinbürgerliche Herkunft. Wer diese hatte mußte mit harten Ritualen dafür büßen und beweisen, daß er für die Arbeiterklasse Partei ergriffen hatte. Nur die, also nicht die Arbeiterklasse, die ohnehin nur ein Konstrukt ist, die realen Arbeiter schißen darauf. Und sie hatten sogar recht. Sie schißen darauf mit dem unbewußten Riecher einer Klasse, die einmal zu oft von Ideen zur Lösung aller Probleme mißbraucht wurde. Etwas daß kaum jemand begriff. Man hätte sich eine Menge Frust ersparen können. Aber hinterher ist man bekanntlich immer klüger. Nicht alle. Abschließend noch dies. Mitte 70 brach dieser erste ML Block auseinander und verschwand recht sang und klanglos. Eine der vielen vergessenen Gruppen dieser Zeit, da hatten selbst Spezialisten es nicht leicht, den Überblick zu behalten.
In dieser Zeit des Gründungsfiebers entstand auch die Kommunistische Gruppe, im welcher der Autor im Vorläufer des KBWs dabei war.
In West östliches Gelände bekommen wir was geboten.
"Auf der Parteitagstribüne hinter dem Redner flimmerten kleine weiße Spiralnebel, zuerst nur wenige, dann von Parteitag zu Parteitag, immer mehr. Sie flimmerten dort, wo eigentlich die Köpfe saßen, die aber inzwischen wohl, hoppla! gefallen waren. Die Gestalten in ihren dunklen Anzügen saßen noch auf ihren erhöhten Plätzen, aber ihre Gesichter waren Bild für Bild mit einer Nadel aus dem Filmstreifen herausgekratzt."
So beschreibt Koenen seine Begegnung mit dem Realsozialismus in Albanien. Er war mit einer der seinerzeit üblichen Delegationen als eher widerwillig geduldeter Teil mitgereist. Zu sehen gab es, was alle diese Revolutionstouristen zu sehen bekamen. Es hätte skeptisch machen können. Tat es aber nicht und dieser ‚Film‘ wurde in keiner der damaligen ‚Reiseberichte‘ einer Rezension gewürdigt. Welch eine verpasste Gelegenheit. Das waren eben Zustände. Kein Material für eine halbwegs glaubhaft retuschierte Kopie? Die Gesichter mußten mit der Nadel aus den Bildern gekratzt werden? Mühsame Geduldsarbeit. Das muß man sich mal vorstellen. Zensur mit dem Vorschlaghammer. Da war man im übrigen Ostblock doch etwas besser ausgestattet. Man erinnert sich an die berühmte Schuhspitze Dubceks und kann sich fragen, war es nur Nachlässigkeit oder sogar Absicht. Eine kleine ironische Anmerkung. Gerade das noch Mögliche um die Zensur vorzuführen? Möglich wär’s ja. Wir werden s wohl nicht mehr erfahren.
Normalerweise werden Parteitagsfilme nicht rezensiert. Passiert ja nicht viel was man beschreiben könnte. Für Experten war freilich von Bedeutung, wer ist drauf zu sehen und wer irgendwann nicht mehr. Man nannte sie seinerzeit die ‚Kaffeesatzleser‘ die aus den offiziellen Veröffentlichungen die Information herauszulesen versuchten, aus einer Welt, die keine Informationen herausließ. Aber Zensur mit der Nadel war auch im Ostblock ungewöhnlich.
Koenen beschreibt einige persönliche Erlebnisse im Osten die sich im Nachhinein recht ernüchternd anhören. Die große Offenbarung blieb aus. Aber es war die Zeit störende Eindrücke mit Theorien wegzurationalisieren.

In Stadt der Frauen thematisiert Koenen die Frauenbewegung und man wird es schon vermuten. Die aus den 68er entstandene Frauenbewegung und der KBW? Das war sicher nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Man ging ohnehin getrennte Wege, nur gelegentlich, wenn es unvermeidbar war, traf man bei Aktionen zusammen.
Sezessionismus und bürgerlicher Feminismus waren die gängigen Vorwürfe. Bei Aktionen gegen den § 218 gerieten die Blöcke schon mal aneinander. Andererseits waren im KBW sogar ungewöhnlich viele Frauen und die waren ideologisch auf Linie. Frauenthemen liefen da im Rahmen der Parteiforderungen.
Koenen beschreibt auch seine Sichtweise auf die Frauenbewegung der 70er und die liest sich nicht ganz so euphorisch. Sicher, einerseits waren es verhasste Konkurrenten, andererseits erfährt man einen sogar etwas objektiveren Blick auf diese. Ansatzweise zitiert er einige der Auswüchse dieser Zeit. Etwa die projizierte Vernichtung der Frauen seit zweitausend Jahren, die der Judenvernichtung in nichts nachstünde. Mit solchen Aussagen konnten sich dieser Feminismus unabhängig von der Geschichte als Opfer darstellen und die tatsächlichen Opfer verdrängen. Die ließen sich auf die Männer abschieben, die ja für alles Böse in der Welt verantwortlich waren.
Doch das kam erst hinterher zur Sprache. Der KBW geriet nur bei einigen Aktionen mit ihnen aneinander und beschrieb sie als wildgewordene Kleinbürgerinnen. Das hieß dann, in der Parteisprache, in einer Klassengesellschaft können alle Frauen keineswegs gemeinsame Interessen haben. Die Feindschaft war gegenseitig ….. oder wir hätten uns mit diesen eifersüchtigen, auf ihre Selbstdarstellung bedachten Weibern herumkloppen müssen.

Alte Linke Neue Linke
„Frankfurt 1990 in einer Frankfurter Turnhalle. Enver Hodscha (dessen Denkmal in Tirana gerade gestürzt worden ist) grüßt leutselig von einen Plakat. Eine Parteifahne mit Hammer, Sichel & Gewehr ziert die Frontseite des Saales.“
Hier beschreibt Koenen eine fast gespenstisch wirkende Versammlung in der u. a. drei Mitglieder der Sektion DDR die zusammen mehr als zwanzig Jahre in Honeckers Gefängnissen verbracht haben. Endlich seien die Fronten wieder klar. Der Aufbau einer echten revolutionären Partei der Arbeiterklasse stehe mehr denn je auf der Tagesordnung.
Über diese Sektion DDR wird noch zu reden sein. Ironischerweise verdanken sie ihre Haftentlassung dem Zusammenbruch des Realsozialismus der DDR und keineswegs der revolutionären Arbeiterklasse. Es sei denn, man wollte die Demonstranten in der DDR so nennen. Doch genau das war ja für die Dogmatiker bis heute eine Konterrevolution.
Was die Neugründungen nach 68 auszeichnete, war ihre Traditions und Bodenlosigkeit. Zwar konnten in der BRD, abgesehen von der verbotenen KPD, diverse linke Gruppen legal existieren, führten aber nur eine Schattenexistenz. Dies erklärt möglicherweise die Versessenheit auf vergangene  Traditionen und Symbole, selbst wenn der direkte Bezug nicht mehr existierte.
Über die frischgegründete DKP lesen wir, daß sie etliche aus der APO anzog die zu braven Parteimitglieder wurden. Hier trafen sie auf die Altgenossen und mit dem was sie aus der Kampfzeit erzählten und mit dem was sie eisern verschwiegen, lieferten sie den Neueingetretenen eine emotionale Bindung die es in den Gruppen der neuen Linken so nicht gab.
Was sie eisern verschwiegen, das bekam man früher oder später selbst zu lesen, wenn auch nicht in der Parteipresse. Man könnte einen Vergleich aus der Arbeitswelt heranziehen. Hier könnte man dann von Lücken im Lebenslauf der Partei reden.
Koenen beschreibt den DKP Apparat mit 800 Hauptamtlichen und einen Organisationsumfeld aus DDR Mitteln finanziert, da konnte auch der spätere KBW nicht mithalten. So als müßte er sich noch heute für die reichste K - Gruppe, als die der KBW gemeinhin galt, rechtfertigen. Doch verglichen damit, waren die Erfolge eher bescheiden.
Fakt ist, ein Teil der APO wurde in der DKP plus Umfeld erfolgreich entsorgt. Man könnte auch sagen, sie entsorgten sich selbst. Hier durften sie sich schulen, agitieren, von der Revolution träumen und sich als Ordnungsmacht gegen die eigenen Leute betätigen.
Steht zwar so nicht zu lesen, wäre dann doch etwas umfangreicher geworden und alle Bereiche lassen sich nicht abdecken. Wie das mit einer Beschreibung eben so geht. Koenen beschreibt von seinen Standpunkt. Die gleichen Vorgänge haben andere dann wieder anders in Erinnerung. Das Bild ist uneinheitlich, je nachdem wer die Story erzählt. Sollt man nicht vergessen.
Ein weiterer Aspekt aus der Zeit der Neugründungen sind die Trotzkisten. 73 zählte man in der BRD zehn trotzkistische Gruppen mit ca. eintausend Mitgliedern und die noch mal in diverse Fraktionen gespalten. Schwer da den Überblick zu behalten. Tatsächlich waren sie in Frankreich eher ernst zu nehmen und sogar einen militant aktionistischen Teil gab es. Von Straßenmilitanz waren die Trotzkisten in der BRD mindestens so weit entfernt wie die DKP. Für Auseinandersetzung mit der Polizei war man sich zu fein. Nicht unser Niveau. Das überlassen wir den MLern oder den Spontis. Nun als Entristen haben sie bis heute irgendwie überlebt.
Nun zum Thema Maoismus. Gab es bereits als Grundstimmung in der APO, oft eher als kultureller Hintergrund, bis sich daraus die Organisationsformen der K Gruppen bildeten.
1970 wurde von 70 Genossen die Protopartei KPD/AO gegründet. Im Gründungsfieber dieser Zeit setzte ein interner Kreis aus 70 Leuten  die KPD/AO als Neugründung in die Politlandschaft. Mit Semmler und Horlemann waren bekannte SDSler an der Spitze. Da es viele Gruppen gab, die nach einer Perspektive suchten,  wurde dieses Projekt für sie attraktiv und so wurde sie zu einer der drei bedeutenden K Gruppen.
Was für Außenstehende eher unverständlich wirkte, die Imitation der Riten einer kommunistischen Partei aus den 20er Jahren, die Demonstrationsaufzüge, die wie eine Staffage ihrer selbst aussahen, wirkten auf andere umso berauschender. Man konnte glauben, an einer großen Sache beteiligt zu sein. Als Maoisten hatten sie natürlich die ‚Revisionisten‘ der DKP zum Hauptgegner. Noch verhasster waren freilich die Trotzkisten.
„Der spontane Hass der Szenegruppen konnte tatsächlich zuweilen fast mörderische Intensität annehmen, obwohl er sich um nichts als abstrakte Positionen drehte.“
So kam es in der Tat auch schon mal zur Schlägerei unter den Gruppen. Allerdings bekamen die Trotzkisten nicht nur von der KPD auf die Ohren, auch die Anarchisten hatten noch eine Rechnung offen.
Die Ideologie bestand aus einer Mischung von Mao und Stalin plus der KPD Politik vor 33. Vor allem diese wurde übernommen, von der Sozialfaschismus Theorie bis zur RGO.
Ebenso die Vorfeldorganisation wie die Liga gegen den Imperialismus waren Kopien der Weimarer Zeit.
„Ein einziges Kunstprodukt und so wie sie 70 aus eine n Guß aufgebaut wurde, hat sie sich 80 in aller Form aufgelöst und verabschiedet. Und sie hat als einzige dieser Gruppen eine selbstkritische Literatur hinterlassen, die das Scheitern“ nicht mit den sonst üblichen Verweis auf politische Fehler erklärt, sondern sich grundsätzlich mit dem Marxismus Leninismus als Ideologie auseinandersetzt. Es waren vor allem die an führender Stelle stehenden, die selbstkritische Zeilen hinterließen.
„Um 76 könnte es ca. 1000 Kader und zusammen mit den Nebenorganisationen 5000 Aktive gegeben haben. Zu der Zeit wurde der Bestand durch Ausschlüsse und Austritte wieder  reduziert.“
Von dem Ausgetretenen war nur wenig zu hören. Fast spurlos verschwanden sie und strichen dieses Kapitel aus ihrer Biographie.
Bekannt ist die Arbeitsbelastung, ohne die es dieser Verein kaum zu einer derartigen Präsenz geschafft hätte. Dafür wurde wie auch bei den anderen Gruppen, Opfer gebracht wie man sie allenfalls noch aus der Arbeitskultur Japans kennt und die nahe an Karoshi heranreichen. Ironischerweise legten die Kader ein Arbeitsethos an den Tag, von dem jeder kapitalistische Betrieb träumen würde. So Mitarbeiter und der Profit ginge durch die Decke.
Folgte die Politik der KPD noch weitgehend dem linken Mainstream, so brachte 75 Chinas Drei Welten Theorie auch in der Partei einen Politikwechsel, der sie auch im linken Lagen weitgehend isolierte. Die Position der ‚Antihegemonistischen Einheitsfront‘ bei der nicht mehr lange überlegt wurde, mit wem man sich gemein machen wollte und da waren auch ausgewiesen rechte Vertreter willkommen. Damit machte sich die KPD/AO weithin verhasst und konnte sich in der Folge umso mehr in ihre Scheinwelt einigeln.
In der Anwendung der Drei Welten Theorie setzte die Partei darauf, die Arbeiterklasse und die Volksmassen auf einen nationalen Verteidigungskrieg vorzubereiten. Gegen den Sozialimperialismus war alles willkommen, auch eine neonationale Verteidigungsrhetorik und gerade in diesen Sandkastenspielen zeigte sich der abgehobene Wahn, eine Kleinsekte könne allen Ernstes in der internationalen Politik mitbestimmen. Für diesen Unfug wurden Tonnen Papier bedruckt und die Mitglieder von Treff zu Treff gejagt. Oder auch von Ortsgruppe zu Ortsgruppe, um die einfachen Mitglieder auf die neue Politik einzuschwören, die echt niemand mehr nachvollziehen konnte. Doch da war die Partei in passender Gesellschaft. Bei den anderen Vereinen ging es nicht besser zu. Aber warum? Weil man von der chinesischen KP anerkannt werden wollte?  Sozusagen als Bruderpartei? Man wollte geliebt werden.
Nach der organisierten Auflösung, als viele bei den Grünen heimisch wurden, soll diese Erfahrung in der Partei immerhin dazu geführt haben, sich gegen eine neue Form der Patentlösungen (diesmal unter Ökologischen Vorzeichen) wandten. Freilich provozierten solche Wendungen oftmals bittere Kritik. Schnell hieß es, ja die damals Hundertfünfzigprozentigen. Nein, das schreibt der Autor nicht. Ich schon.
"Immerhin mit einen klaren Beschluß und einer letzten Parteizeitung wurde dieses Kapitel beendet." Andere Vereine freuten sich über den Abgang eines verhassten Konkurrenten und mussten, schon um wie gehabt weitermachen zu können, verdrängen, daß sie absolut keinen Grund zur Schadenfreude hatten.
Nun kommen wir zu ihren unmittelbaren Konkurrenten, der KPD/ML und der MLPD. „Diese entstammen dem Halbdunkel eines stalinistischen Sektenwesens der 60er Jahre. Daß die entsprechenden Personen, Aust und Dickhut es überhaupt zur Sektenführerschaft bringen konnten, verdanken sie den Studentenkadern, die bei ihren Zug ins Proletariat, solche historischen Kronzeugen brauchten“.
Dickhut verfasste einige knorrige Abrechnungen mit dem sowjetischen Revisionismus, die sich auch unter der Überschrift, Verrat an der reinen Lehre einordnen ließe.
Als sich die frischgegründete KPD/ML aufspaltete, bildeten sich um Aust und Dickhut neue Gruppen und die Dickhuts war der KABD der 82 zur MLPD transformierte.  Bis heute die größte überlebende ML Sekte.
Aust konnte so Sektenführer der KPD/ML werden. Einer ML Sekte, die durch Verbalradikalismus auffiel, sonst eher auf Albanien ausgerichtet war und das Propagandadesign der Weimarer KPD kopierte. Heute könnte man sowas als Cosplay bezeichnen. Seinerzeit war dieser Begriff nicht bekannt.
Über den KABD weiß Koenen auch eine ironische Geschichte zu erzählen. Der KABD, später dann die MLPD, machten die Verteidigung der Kulturrevolution zu ihrem Markenzeichen und Anliegen und wurden zu Verteidiger der Viererbande.
"Damit rückten sie ironischerweise in die Rolle von Trotzkisten des Maoismus, d.h. sie wurden zu Verteidiger eines Urmaoismus. Allerdings fanden sie in der Welt draußen immer weniger Verbündete und als letztes ruhmvolles Vorbild schließlich den ‚Leuchtenden Pfad‘ Perus, bis auch dieses Fanal erlosch."
Tragisch wenn man auf gescheiterte Ideologien setzt. Wenn hier das Mitgefühl gegen Null geht, mehr verdient dieser Unfug auch nicht.
Die weitere Geschichte der KPD/ML verläuft dafür etwas seltsam.
Aust s KPD, die das freigewordene Zeichen nun besetzen konnte, blickte freilich bereits auf eine arg geschrumpfte und zerzauste Truppe. Noch 75 hatte er in der Offenbacher Stadthalle eine Heerschau seiner Roten Garde mit 2000 jungen Leuten abgenommen, deren Mitglieder im Geiste des unausweichlichen Kampfes zu erziehen waren.
Gekämpft wurde laut Programm für ein vereintes, unabhängiges, demokratisches Deutschland. Oder doch ein sozialistisches? So jedenfalls konnte man es seinerzeit in Berlin an der Mauer lesen.
"Außenpolitisch verurteilte die Partei die Verhaftung der Viererbande. 78 dann passierte das Ungeheuerliche. Aust verstieß Mao aus dem Klassiker – Himmel. Der Rote Morgen erschien nur noch mit vier Köpfen."
Und daran kann ich mich echt nicht erinnern. Will schon was heißen. Zu dieser Zeit hatte ich mich bereits recht weit von dieser Welt entfernt und derartige ‚Sensationen‘ entgingen mir.
Die Parteireste mäßigten ihren Tonfall, hoben eine Volksfront aus der Taufe mit Eike Hemmer (Kommune 2)  an der Spitze, beteiligten sich an der Bundestagswahl  und verpulverten 700 000 DM. Danach war der Verein pleite.  83 ging sogar Albaniens Partei der Arbeit auf Distanz. 85 starb Aust und hätte ich nicht zufällig in der Zeitung die kleine Randnotiz gelesen, es wäre mir glatt entgangen. Es gab eben noch kein Internet. Nur eine Randnotiz.
„Aber so mußte er die letzte bizarrste Wendung nicht mehr erleben. Die Vereinigung der KPD mit der trotzkistischen GIM zur USP.“
Etwas daß Außenstehenden als obskure Randnotiz der Geschichte erscheinen dürfte, die eher für Heiterkeit sorgte, als daß man sich noch ernsthaft damit befassen wollte.
Diese USP ging schließlich in die PDS, also in die Linke auf. Und wenn sie nicht gestorben sind ….?
Nicht ganz so heiter. Etwas hat überlebt und wer heute im Netz stöbert, findet sie putzmunter als wäre nie was gewesen. Und nicht nur eine KPD/ML. Bei genauerer Betrachtung ist man freilich schnell ernüchtert. Da stecken allenfalls noch einige Übriggebliebene dahinter.  Nichts was man noch ernstnehmen müßte. Aber das Internet macht’s möglich. So ganz verschwunden sind sie nicht. Nur was da übrig ist, ist die Karikatur der Parteisekte und die war schon zu Lebzeiten eine Karikatur.
Über die fast vergessene Randnotiz der Sektion der KPD/ML ist ebenfalls was zu lesen.
„75/76 wurde ihre Gründung feierlich verkündet und ihr Ziel sollte es sein, die sozialfaschistische Diktatur der Honecker – Clique zu stürzen und eine echte Diktatur des Proletariats zu errichten. Nicht mehr, nicht weniger. Diese kaum 60 Aktive, die letztlich dabei waren, waren für die SED ein gefundenes Fressen. Vor allem für die Stasi, die hier ein Betätigungsfeld für Unterwanderung, Umdrehen und Ausschaltung fand.“
Zum Schluß bestand die Mehrheit dieser Sektion nur noch aus Stasi IMs. 84 war dann Schluß mit dem Spuk und einige saßen auf Jahre im Bau. Erst durch den Mauerfall und der Wiedervereinigung kamen sie raus. Da war von ihren Westgenossen nicht mehr viel übrig. Ernst Aust war nicht mehr und Albanien das Leuchtfeuer des Sozialismus, war Geschichte.
„Aber da saßen sie 1990 in der Turnhalle in Frankfurt Fechenheim, friedlich vereint unter dem allen vertrauten Banner der KPD/ML mit Hammer Sichel & Gewehr, drei Kommunisten frisch aus Honeckers Gefängnissen entlassen und mehr denn je überzeugt, daß die Weltrevolution siegen wird. Nun ja.“
Doch wir sind noch nicht fertig. Es gäbe noch eine weitere Geschichte zu erzählen. Eine davon ist die der Arbeiterbund für den Aufbau der KPD. Was wäre daran so bemerkenswert? Daß jedes neue Mitglied zwei Bürgen aus dem Industrieproletariat beibringen muß? Nun das ist schon etwas ungewöhnlich. Der Rest der Politik ist nicht weiter von Interesse, auch die Anti Strauß Kampagnen sind längst vergessen. Das bemerkenswerteste daran ist der Anachronistische Zug, der alljährlich zu bestaunen ist und ab und an am 1. Mai oder Ostermarsch für etwas Stirnrunzeln sorgt. Eher weniger, denn da fallen sie kaum auf. Gibt ja noch mehr Übriggebliebene zu bestaunen.
73 entstand durch Spaltung, wie halt üblich der AB (Arbeiterbund). Koenen beschreibt diesen als zunehmend logenartigen Geheimbund. Nun wenn dir mal wieder der Anachronistische Zug überm Weg läuft, keine Panik. Die tun  nichts, die wollen nur spielen.
Ein echtes Hassobjekt des KBWs war seinerzeit  neben den Spontis, der KB. Wie das? Der war eigentlich nur in Hamburg präsent. 69/70 gegründet vertrat er die üblichen ML Positionen. Der XX Parteitag vollendete demnach die bürgerliche Restauration in der Sowjetunion. Also erstmal alles wie gehabt in dieser Szene. Ihr Zentralorgan der Arbeiterkampf, wurde vom KBW notorisch als Klatsch und Tratschblatt der Radikallinken bezeichnet.
Zumeist aber war es voll mit Zitaten aus der verachteten ‚Bürgerlichen Presse.‘ Ein Dauerthema der Propaganda war die ‚Faschisierung der Gesellschaft.‘
Was die Konspiration angeht, gab es eine bemerkenswerte Einrichtung.
Bis 80 gab es ein anonymes Leitungsgremium, das den Mitgliedern nicht einmal bekannt war. Das war selbst für diese Szene etwas außergewöhnlich. Der Futterneid der KBWler dürfte daher rühren, daß der KB in der AKW Bewegung weitaus erfolgreicher war und in Hamburg bei Brokdorf fraglos Heimvorteil hatte. Ob Brokdorf oder Grohnde, wenn es um diese Konkurrenz geht scheint sich der Autor zu erinnern, als wäre es letzte Woche gewesen. Da schreibt er, „der ganze Arbeiterkampf war ein Tendenzblatt der giftigsten Sorte, soweit es sich darum handelte, Neid, Hohn und Spott über die Rivalen auszugießen (und wir, der KBW, waren ihr unbestrittenes Lieblingsobjekt).“
Hier hat er die alte Wortwahl noch zur Hand und auch nach vielen Jahren liest man hier die emotionale Bitterkeit heraus.
In Selbstzeugnissen bezeichnete sich der KB als die etwas andere K Gruppe. Soll heißen, er öffnete sich gegenüber den ‚Neuen Sozialen Bewegungen,‘ wie seinerzeit das Gemisch aus Autonome, Hausbesetzer, Ökos und Friedensdemonstranten bezeichnet wurde. Nun er bot einigen etwas Platz in der Zeitung. Das half aber auch nicht mehr. 80 war seine große Zeit um und mehr als Entrismus zu den Grünen blieb nicht übrig.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Koenen selbst nutzt diesen Satz und er passt ja auch bei der Erzählung des großen APO - Märchens. Und nun kommen wir zur Marxistischen Gruppe. Ihre Anfänge reichen bis 69/70 zurück in die Münchner Roten Zellen. Nach den üblichen Zellteilungen entstanden 77 die marxistischen Gruppen die sich 80 nur noch Marxistische Gruppe (MG) nannten. Anfangs wurden sie kaum ernstgenommen, „als sie ihre mit langen Textkolonnen gefüllten Faltblätter verteilten und über alles was gerade anlag, einen seltsam zynischen vage marxisierenden Sermon ausgossen.“
Als Führungskern stellte sich ein Triumvirat heraus, das die ideologischen Kerntexte formuliert und bis heute die Fäden zieht.
"…..darum geht es bei der MG. Um den Erwerb eines geheimen Weltwissens, in dem man immer tiefer eindringt, während man Stufe um Stufe in der Hierarche der Wissenden aufsteigt, bis man selbst zum Lehrenden wird."
Hier sieht Koenen Parallelen zu den Scientologen. Sicher nicht so daneben, allerdings könnte man da genauso an die Trotzkisten erinnern. Im Grunde, und das haben schon einige irgendwann zugegeben, es geht um den Marxismus Leninismus als Geheimlehre (selbst wenn alles offen nachlesbar ist) das nicht jeder versteht und um den Weltgeist, an dessen Weisheit man teilhaben darf. Ein Wissen, das der blöden Masse der Arbeiter stets verborgen bleiben wird, wie es einer mal ausdrückte.
So kann man es sehen. Politik als Geheimlehre einer Kaste von Wissenden um die doofe Masse ruhig zu halten. In dem Fall, sich ihr im richtigen Moment als Führung anzubieten und das haben gutmeinende Linke und Bürgerrechtler in der DDR auch versucht. Doch als sie dem Volk eine bessere DDR anbieten wollten, entzog ihnen das Volk ihr Mandat und wählten die DM und Einheit. Die Bürgerrechtsgruppen wurden wieder zu dem was sie anfangs waren. Kleingruppen, die nur unter den Bedingungen der DDR und der medialen Vervielfachung in den Westmedien eine kurzfristige Bedeutung erhielten. Als diese Bedingung entfiel, hatten sie genau so viel Bedeutung wie die diversen Gruppen in der BRD. Soweit bekannt und soviel zum Thema, das Volk wartet nur auf die Klugscheißer mit dem geheimen Weltwissen. Und genau diese waren ja 90 bei der Einheit nichtmal mehr dazu imstande. Da sie sich entweder schon lange vorher aufgelöst hatten oder bedeutungslose Randgruppen waren. Die Linke wurde 90 ziemlich überfahren und erst mit der Häuserräumung im Ostteil wurden sie auch in der DDR zu der ab und an störenden Minderheit wie schon lange in der BRD.
Was in der Tat die Frage aufwirft, wie aus einer gutgemeinten politischen Ideologie, die doch der Befreiung der Menschheit dienen sollte, eine geheime Buchreligion werden konnte, die nur Eingeweihte zu entziffern imstande sind. Eine Art Geheimlehre, die alle die dran glauben zur klassenlosen Gesellschaft führen wird, weil die Geschichte auf ihrer Seite ist. Da ist es nicht weiter tragisch, wenn der eigene Verein nur eine Randexistenz führt oder wenn die Zielgruppe ihre eigenen Vorstellungen vom Leben hat, die sich eher um Auto, Bild und Fußball drehen, als um Marx und Revolution. Pfeif auf die Realität, die ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Wir Wissenden haben die Fakten auf unserer Seite. Das ist das Grundprinzip aller Sekten. Nur wir kennen den Weg zum Heil.
Bei der MG ist diese Struktur recht ausgeprägt. Man steigt auf in der Stufe der Wissenden um nach vielen Mühen und teuren Spenden erreicht man die obere Stufe des Wissens um sich zu fragen, für was hab ich teuer Geld bezahlt?  Da ist doch gar nichts, ist doch alles nur Hype.
Koenen bezeichnet die MG daher nicht zufällig als marxistische Scientology. 1991 soll sie an die 10 000 Mitglieder gehabt haben und löste sich dann aus heiterem Himmel einfach auf.  Doch völlig weg sind sie nicht. Im Internet finden sich ihre Spuren. Sogar einige Texte aus ihrer Zeitung, der MAZ sind auf einer Webseite die in ihrem Grau verboten aussieht, archiviert.
Bleibt nur noch die Frage, welche Spinner tun sich sowas an und glauben allen Ernstes damit was zu bewegen? Na da kann man aus eigener Erfahrung erzählen.

Kommen wir nun zu Mythen der Militanz.
Hier geht es um die Spontis in Frankfurt. Die übrigen ML Gruppen hatten in Frankfurt keine übermäßige Bedeutung. Daher waren die Spontis der einzig bedeutsame Konkurrent.  Persönlich war Koenen recht nahe dran und wohnte zeitweilig sogar im später besetzten Block in Bockenheim.  Der Name Spontis wurde nachgeliefert. Wenn man so will, als umgedeuteten Begriff von Lenins Spontaneismus, über den er wenig Nettes zu sagen wußte. Zunächst ging es auch bei denen zu wie gehabt. Betriebsarbeit. Etliche gingen zu Opel um die Arbeiter zu agitieren.  Der RK mit seiner Zeitung, Wir wollen alles, entstammt nach Vorlage der italienischen Gruppen, vor allem der Lotta Continua. Doktrinär ging es auch bei denen zu. Ideologisch war man nicht so weit von den verhassten MLern entfernt. Über den Trip zu Opel, wie auch über die Frankfurter Spontigeschichte liegt mittlerweile eine dicke Lackschicht der Selbstverklärung, wie Koenen es ausdrückt. Und so ist es nicht uninteressant, die bekannte Geschichte statt von ihren Protagonisten, von einen ihrer Konkurrenten zu lesen.
Was bei Opel gelernt?  Da lesen wir; „Ich wär schon nach zwei Tagen in der Psychiatrie gelandet wenn ich mit ihnen ihre Lebensweise auch noch nach Feierabend teilen müsste ….!“ Also bitte. Für so eine Aussage wär man in jeder ML Partei gesteinigt worden.  Ja, das ist auch ein Teil der Realität.
Eigentlich wären das längst  und zu Recht vergessene Geschichten, wären sie nicht durch Außenminister Fischer und die unter fragwürdigen Vorgehen ergaunerten Fotos seitens der Meinhof Tochter wieder medial hochgepusht worden. Von den K Gruppen sind solche Storys nicht überliefert. Auch wenn es da durchaus mal militante Aktionen gab.
Koenen bemerkt bereits im Vorwort, die Ironie, das es eine Tochter Ulrike Meinhofs war, die dem Exsponti und Außenminister die Fotos von 73 vor die Nase hielt. Die bekannten Storys um die Militanz Debatte wird beschrieben, dies im Zusammenhang mit den Molliwürfen bei der Demo nach dem Tod von Ulrike Meinhof, den Angriff auf das spanische Konsulat und einiges mehr. Dies beschreibt er weitgehend als Außenstehender bzw. anhand späterer Quellen.
„Nicht zur Entschuldigung, nur zur Vervollständigung sei gesagt, daß wir, die (zahlenmäßig recht starke) Vorläufergruppe des KBW in Frankfurt – bei all diesen an der Uni laufenden Debatten kaum eine Rolle gespielt haben und oft nicht mal anwesend waren. Wir diskutierten damals unsere Programmtexte.“
Man hatte sich eben bereits weit voneinander entfernt.
Es gibt einen zeitgenössischen Text der u.a. im Info Bug zu lesen war und da liest sich die Militanz Debatte etwas anders als in den nachgelieferten Erklärungen der mittlerweile zu Amt und Würden gekommenen Altspontis. Hätte auch noch reingepasst. Aber das führt zu weit.
Der RK wurde erst mit dem Häuserkampf führend unter den radikalen Linken und auch was diesen angeht, wären einige Mythen abzutragen. Anfangs war der für den RK eher eine uninteressante Geschichte im Reproduktionsbereich. Erst nach den Räumungen und dem Widerstand, entdeckte der RK, das es hier politisch was abzugreifen gibt.
Genau so. Auch so eine vergessene Geschichte. Die Hierarchisierung des politischen Kampfes. An oberster Stelle stand die Produktion. Dann kamen die kämpfenden Völker und Mieterkampf? Hausbesetzung? Das war der Reproduktionsbereich. Es hieß, man muß sich auch mal reproduzieren. Was für eine Aussage, ausgerechnet von Linken. Oder typisch Deutschland. Man lebt um zu arbeiten. Ironischerweise war die Neue Linke, wenn sie überhaupt irgendwo was bewegt hat, dann genau im Reproduktionsbereich am erfolgreichsten. Die Arbeitswelt? Das war nie so ihre Welt gewesen. Nicht wirklich.
Koenen zitiert die bekannten Geschichten vom Verhältnis der Spontis zur RAF und RZ bis zur Militanzdebatte und der Absage der Militanz.
Die mittlerweile vielzitierte Rede Fischers, werft die Knarren weg. Doch diese Geschichte war damit nicht beendet. Was der Autor nicht mehr schreibt, kann ich dagegen nachliefern. Nach der feierlichen Absage der Gewalt, entsorgten sie ihre Straßenschlachtstorys in die jüngere Vergangenheit und an den Kneipentresen. Aber jetzt ist Schluß. Umso hasserfüllter reagierten sie um 80, als eine neue Bewegung sich nicht an diese Order hielt, unter anderem, weil sie nie was davon gehört hatten oder wenn, sich dachten, geht uns doch nichts an. Doch das ist eine andere Geschichte. Der Schwarze Block hat keinen Außenminister hervorgebracht. Daher ist diese Story auch nicht Thema in der Biographie altgewordener Linker.

Kommen wir nun mit der Überschrift; Schwarze Milch des Terrors zum sog. bewaffneten Kampf. Hier stellt Koenen wieder das Grundmotiv wie schon anfangs beschrieben vor. Die existentielle Tat des Übergangs in die Illegalität. Das Überschreiten des Jordans, in dem man radikal Kehraus machte und ein neuer Mensch wurde.
Neues hat er da nicht zu bieten. Ist auch weder zu erwarten, noch Aufgabe dieses Buches. Ist auch unnötig, bei der Fülle an Darstellungen zum Thema RAF. "Bis heute sind alle Scheinwerfer auf dieses Kapitel des deutschen Terrorismus gerichtet, das sich mit dem Namen RAF verknüpfte."
So lesen wir es und das besagt? Ja, fair ist das nicht. Wie wir erfahren haben, in den K Gruppen waren mehr dabei als in der APO. In der medialen Wahrnehmung freilich ist die Reihenfolge auf den Kopf gestellt. An der Spitze die wenigen Beteiligten der RAF. Darunter die 68er. Die Hauptmasse der Linken aus den 70er hat offenbar wenig spektakuläre Bilder hinterlassen und ist daher etwas unsichtbar geblieben. Ist eben so. Kann man unfair finden oder es auch lassen.
Über die RAF kommt auch Koenen zu dem Schluß, sie war in ihrer ideologischen Ausrichtung eine bewaffnete ML – Organisation die sich von Anarchismus, Spontaneimus usw. schärfstens abgrenzte. Ihr Konzept Stadtguerilla war mit Mao, Lenin und Marxzitaten nur so gespickt.
Darin trat die Gruppe zum ersten Mal unter ihren neuen Organisationsnamen Rote Armee Fraktion und mit eigenen Emblem (Stern mit Kalaschnikow) auf.
Ein verbreiteter Irrtum. Man sah nicht so genau hin und automatisch entstand im Kopf das Bild der Kalaschnikow. Ironischerweise ist es aber eine Heckler und Koch. War 2001 noch nicht so bekannt, diese Anekdote.
Ironischerweise besaßen diejenigen, die am lautesten vom bewaffneten Kampf schrieben und diesen stets in ihren Aussagen erwähnten, kaum Kenntnisse über Waffentechnik. So konnte es zu diesem Mißverständnis kommen.
Geht es um die RAF, so haben sich hinterher viele damit fett gemacht (so die Wortwahl) den und den und die und jene gekannt zu haben. Es hörte sich an, wie Groupies, die vom den Rockstar erzählen. Koenen hat derartige Storys nicht zu bieten. Er bedient sich aus den gängigen Darstellungen. Etwa diese. Gabi und ich verbrannten alle meine Fotos, Erinnerungsstücke und Briefe im Klo.  Gabi war traurig, ich nicht. Ich wußte wohin mich mein Weg nun führte – in den Untergrund.
Das haben wir mehrfach, dieses Brechen mit dem bisherigen Leben, oder den Versuch dazu. Eben die Einbildung, man könne sein bisheriges Leben einfach auslöschen und ein neuer Mensch werden.
Ein weiteres Zitat lässt sich hier anführen. Und zwar von Ulrike Meinhof selbst. Die meisten intellektuellen Linken haben ihren Marx und Mao inzwischen auf den Kopf gestellt. Um ihr bisschen privilegiertes sein Sein nicht in Frage stellen zu müssen.
Dieser Selbsthass auf die Intellektuellen war innerhalb der gesamten ML Szene verbreitet und zeigt deutlich, aus welcher Richtung diese Veranstaltung kam. Diese Selbstdistanzierungen der Intellektuellen und ‚Kleinbürger‘ ziehen sich durch die ML Geschichte und eine Folge war die hohe Spendenbereitschaft, durch die der KBW zur reichten ML Organisation wurde. Die Gegenthese hat lange danach auch ausgerechnet der Vorsitzende der Partei Die Linke formuliert. Linke müssen gegen Armut sein. Linke müssen nicht arm sein.
Seinerzeit wären sie bei so einer Aussage an die Decke gegangen. Es ist die Einstellung, erst wenn man in Fetzen rumläuft ist man glaubwürdig. Erinnert an die Ideologie im Mönchstum bzw. an‘s Christentum und genau da scheint es herzukommen. Eben, auch Linke können nicht die Welt neu erfinden. Irgendwo haben sie ihre Ideen ja her. Aber glaubwürdig? Für wen? Für das rechte Pack, dem man es als Linker ohnehin nicht recht machen wird?  Dann sollte man es auch gar nicht erst versuchen.  Was aber RAF oder ML in ihrer Opferbereitschaft letztlich erreichten, ihre Zielgruppe zeigte ihnen den Mittelfinger.
Ein in dem Zusammenhang beschriebener Aspekt ist die Lösung von allen früheren Bindungen. Kinder wurden zurückgelassen, Familie war reaktionär. Die bewaffnete Gruppe war die neue Familie. Lange danach erschien das Blatt, Angehörigeninfo und Angehörigengruppe. Tia, als sie im Bau saßen, da war die Familie doch wieder zu was gut.
So weit schaut Koenen nicht voraus. Muß er nicht, ich weiß eben etwas mehr.
Es gibt viele Meinungen darüber und einige Genossen, für die der Kampf stets weitergeht, wenden sich gegen das Bild der RAF wie es angeblich vom Staat gezeichnet wird, haben aber selbst keine Gegenbeweise zu bieten. Und es ist ja nicht der Staat, der die Bücher schrieb. Es waren großteils Linke. Aber gut, für viele ist das kein Argument. Und einige könnten Koenen nun vorwerfen, da er selbst daran gar nicht beteiligt war, er gibt nur die Klatschgeschichten aus den diversen Medien wieder. Und es sind nur Klatsch und Tratsch Geschichten?
So wird an einer Stelle Ensslin s Wutausbruch gegen die RZ zitiert. Was macht ihr denn? Ihr rennt durch die Wohnungen, vögelt die Mädchen und raucht Haschisch. Das macht Spaß. Das darf es nicht. Dieser Job den wir machen, ist ernsthaft. Es darf keinen Spaß machen. Soll also heißen, Politik ist ne ernsthafte Sache, Spaß ist verdächtig und Konterrevolutionär. Was hier zum Vorschein kommt, ist dieser religiöse Ernst. Man ist nicht einfach Linker, Revolutionär oder Guerilla. Man ist auf einer Mission. Das ist anstrengende harte Arbeit. Spaß ist Counter.
Es sind solche kleinen Storys, die oft mehr über die ganze Geschichte verraten als die seitenlangen unlesbaren Schreibmaschinentexte und langweiligen Propagandaerklärungen. Nur weiß man, es gibt vor allem online noch selbsternannte Nachlassverwalter der RAF, die mit der Geschichte noch nicht durch sind.
Koenen zitiert aus den Haftkassibern, die man auch grad als Hasskassiber bezeichnen könnte und die auf die Frage, wer Ulrike Meinhof in den Tod getrieben hat, ihre eigene Antwort geben. Für Parteigänger ist das freilich bis heute Counter und Hochverrat.
Bekannt sind sie Theorien vom Wiederholungszwang in Stammheim, das demnach zur Neuauflage des Führerbunkers wurde. Davon kann man halten was man will. Dafür zitiert Koenen aus den Haftkassibern und die da gepflegte! Sprache. Wer so reden würde, würde heute aus jedem linkem Projekt geschmissen. Schon wegen der sexistischen Wortwahl. Die Aggressionen richteten sich in der Gruppe nach innen und so lesen sich diese Texte. Bekannt ist der zynische Umgang beim Hungerstreik. Auch hier sind die Selbstzeugnisse von Interesse. ‚Das einzige was zählt ist der Kampf.‘ Oder das aus diesen Quellen bekannte ‚Mensch oder Schwein.‘  Es trägt die religiösen Züge einer inneren Selbstreinigung. Kämpfend gegen die Schweine …. den Tod verachtend, das ist für mich: dem Volke dienen. So liest sich das bei Holger Meins.
Und das Volk sagte, soweit ich mich erinnere, lasst sie doch. Sollen sie doch verhungern. Oder später, alle fünf Minuten einen an die Wand stellen. Diesem Volk wollten sie dienen? Genau dieses Volk schiß auf ihre Dienste.
Erwähnt wird ebenfalls die Flugzeugentführung von Entebbe mit der Selektion! der israelischen Passagiere. Die Folgen werden hier etwas vernachlässigt dargestellt. Tatsächlich wurde mit dieser Aktion die RAF entzaubert und bewirkte langfristig mehr als alle wohlmeinenden Ausstiegshilfen der Altspontis. Es brauchte etwas Zeit, aber nach und nach wachten viele auf und kündigten der RAF ihr bis dahin noch vorhandenes Verständnis und ihrer Restsolidarität.
Längerfristig gesehen führte diese Loslösung auch dazu, das die Nachfolger, der islamische Terrorismus bei den Linken auf Null Zustimmung stieß. Alle Versuche einiger Irrläufer aus dem Islamterror einen neuen antiimperialistischen Kampf zu machen verhallten zumindest innerhalb der Linken wirkungslos. Mehr als verständnislose Ablehnung gab es nicht. Eine Spätfolge des Roten Jahrzehnts? Möglicherweise.
Mit der Schleyerentführung und dem Selbstmord in Stammheim lässt Koenen das Rote Jahrzehnt enden. An diesen zwei Eckpunkten. Dem Schuß auf Benno Ohnesorg und die Schüsse in Stammheim. Kann man so erzählen, aber nicht jeder muß das so sehen. In den zehn Jahren ist eben mehr passiert, als man in dem Buch zusammenfassen kann.
Die Geschichte ging ja weiter und eine der direkten Folgen der Kontaktsperre war die Gründung der TAZ. Die RAF bestand noch lange, auch wenn sie immer farbloser wurde. Die Hungerstreikaktionen in den 80ern waren der letzte Versuch nochmal neue Leute aus der Linken zu gewinnen. Es brachte schon deswegen nicht den gewünschten Erfolg, weil die Mehrheit sich von der Ideologie entfernt hatten und des für den Marxismus Leninismus keine nennenswerte Basis mehr gab.
Aber gut, man kann ja nicht alles abdecken. Zumal er selbst zu der Zeit in einer anderen Welt gelebt hat und das ist keineswegs metaphysisch zu sehen.
Mit Bleierne Zeit oder Deutscher Herbst werden die Vorgänge um die Schleyer Entführung und Stammheim in der Literatur beschrieben. Dazu gibt es einiges zu lesen. Nur der KBW kommt in diesen Beschreibungen nicht weiter vor, die übrigen K Gruppen ebenfalls nicht. Warum auch? Diese waren in der Geschichte allenfalls am Rande beteiligt, wenn überhaupt. Es kam zwar zu Zeitungsbeschlagnahmen aber die Zielgruppe des Staates waren eher die ‚Undogmatischen‘ wenn es darum ging, sich mit Durchsuchungen und Verwüstungen einiger WGs an einigen auszutoben. Wie lief es zu der Zeit im KBW? Das ist kaum bekannt. Darüber war auch in der linken Öffentlichkeit wenig bekannt und war auch nicht von größerem Interesse. Und das ist Koenens Gebiet. Wer könnte es besser wissen?
Mit einem größeren Geldbetrag wurde er nach Wien geschickt, für den Fall eines Parteiverbots. „Zudem hatte die BRD nach Grohnde die K Gruppen herausgedeutet. Die Verbotspläne verliehen ihnen den Nimbus höchster Gefährlichkeit und kamen ihren Macht und Größenphantasien durchaus entgegen.“
Und so lesen wir es. „Entscheidend war, die westdeutsche Bourgeoisie daran zu hindern, sich an der Seite der USA aktiv an den Kriegsvorbereitungen zu beteiligen. Kleiner hatten wir s nicht.“
Aber auch hier kann er mit fast vergessenen Storys aufwarten. Der KBW betrieb von Anfang an ein Netz von Buchläden, die sich großer Beliebtheit in der Linken erfreuten und auch als Kommunikationszentren dienten. Auch die Konkurrenz schaute vorbei. Doch dann hieß es auf einmal, diese Läden seien wildwüchsig entstanden und nicht durch planmäßigen Aufbau und seien binnen drei Monate zu schließen.
Trotz Gemurre, so geschah s auch. Hier zeigte sich das typisch stalinistische Verhalten solcher Parteien und da bildete der KBW keine Ausnahme. Was wir nicht von Anfang an planmäßig geschaffen haben und worüber wir möglicherweise nicht die vollständige Kontrolle haben, ist verdächtig und gehört schnellstens beseitigt.
Mit der Schleyerentführung fiel die internen Abschottung und Paranoia  der Partei zusammen. Ihr Szenario, sich auf einen imperialistischen Krieg vorzubereiten und selbst Strukturen zu schaffen, die der Partei gehören, war Motiv für den Kauf des Hauses in der Mainzer Landstraße plus eigener Druckerei mit parteieigenen Saab Fuhrpark. Soweit ist das im Großen und Ganzen bekannt. Weniger wie es innen zuging und daß man diese Szenarien in aller Realitätsverkennung ernst nahm. Gleichzeitig hatte der KBW mit der Konkurrenz eines gemeinsam. Gegen die Verbotsdrohung taten sich die sonst spinnefeindlichen Vereine nochmal zusammen und 20 000 demonstrierten in Bonn. Hier weiß Koenen zu erzählen, …. ja und nur mit einen Wort Schleyer, die RAF und alles was die Republik gerade in Atem hielt, zu erwähnen, trug Züge einer entschlossenen Selbsteinschließung.
Das dürfte vielen Beteiligten von damals noch in Erinnerung sein. Gegen die Linke läuft eine Medienhetze, begleitet von einer Pogromstimmung  plus Angriffen gegen linke Projekte, nur die K Gruppen ignorieren alles und schalten auf Busineß as usual, also normaler Geschäftsbetrieb. Für etliche Beteiligte war das seinerzeit ein Weckruf und Anlass, an der allwissenden Weisheit ihres Vereins zu zweifeln.
Zurück zum KBW. Wer hätte sich außerhalb groß über seine Kriegsszenarien Gedanken machen sollen? Wenn man überhaupt was davon erfuhr.

Autor Gerd Koenen muß es wissen. Sollte man meinen,  wenn er im Buch über das Rote Jahrzehnt über den eigenen Verein schreibt und als Überschrift Bleierne Zeit wählt. Was eigentlich auf die RAF verweist. Da war er nicht irgendwer, sondern an führender Stelle. Freilich ist nach achtzehn Jahren der Blick zurück etwas milde geworden, wie er selbst zugibt. Die große Abrechnung war da nicht mehr zu erwarten. Wozu sollte die auch gut sein? Dafür erfährt man über den KBW einige Insiderstorys, die weniger geläufig sind und die in der Literatursammlung über die RAF und den ‚Deutschen Herbst‘ keine Aufnahme fanden. Wie reagierten die K Gruppen und in dem Fall der KBW darauf? Zu unbedeutend? Sicher, aber ein Thema. Die Linke war ja davon irgendwo betroffen, sei es durch Fahndung, Hausdurchsuchungen, Verwüstungen oder direkter Bedrohung bei Polizeiaktionen bis hin zu den Verbotsplänen der K Gruppen. Und die RAF setzte auch die ML Linke unter Legitimationsdruck. Aber wie ging es drinnen so zu? Wir lesen was von einer hysterischen Kriegserwartung 1977 auf die sich der Verein organisatorisch vorbereitete, wie auch auf ein Verbot und wir lesen was von revolutionären Planspielen.
„….den Planungen eines Weltkrieges revolutionär entgegenzutreten. Kleiner hatten wir s nicht.“
Doch erstmal grundsätzlich zum KBW. Der verzichtete auf den Revolutionsbarock der von der Konkurrenz so ausgiebig gepflegt wurde.
So bekommen wir es zu lesen. Seinerzeit fiel einen das gar nicht so auf. Doch dafür war der Verein in einen anderen Bereich mehr als produktiv.
Koenen schreibt von Berliner APO Archiv wo in Form von ca. 50 – 60 Regalmeter in Ordner der schriftliche Nachlass der Partei liegt. Oder eingelagert ist und vergleicht dies mit einen Pharaonengrab. Das was aus zehn Jahren Parteigeschichte übrigblieb. Nur, wer soll sich das antun? Bezeichnungen wie ZKst Auss lassen sich für einige, die damit halbwegs vertraut sind noch als Zentralkomitee Ständiger Ausschuß übersetzen. Andererseits ist vieles derart verschlüsselt, die Autoren selbst könnten heute nicht mehr so recht nachvollziehen, was sie damit eigentlich sagen wollten. Kennt man aus dieser Welt und im KBW ging es in dieser Hinsicht besonders extrem zu, was die Geheimsprache des Kampfes zweier Linien betraf.
Daher liefert Koenen selbst eine Stichprobe dieses Materials. Etwa anhand der selbstproduzierten Daten über den eigenen Bestand, lässt sich die Fluktuation ablesen. Demnach haben 7200 Mitglieder den Verein als aktive Mitglieder durchlaufen und weitere 15 000 über die angeschlossenen Vereine im Vorfeld. Demnach waren über 20 000 Leute mal irgendwie dabei.
Zahlen hat der Verein haufenweise hinterlassen. So auch über die Parteischriften. Die sahen zwar beeindruckend aus, aber man sollte sich davon nicht täuschen lassen. Der größte Teil davon wurde an den eigenen Anhang verkauft. Lief bei den anderen Vereinen nicht anders ab.
Als die Partei ihre Buchläden schloss, in denen es auch Schriften der Konkurrenz gab, da sie wildwüchsig und nicht nach Plan entstanden waren, gab es zwar Unverständnis. Doch wer damit Probleme hatte, bewies rechten Opportunismus und hier haben wir die Vorlage für den steten Kampf zweier Linien wie er im Verein ohne Unterlass geführt wurde und zu steten Disziplinierungen und Ausschlüssen führte.
Fast schon vergessen, der Fahrpreiskampf in Frankfurt in dem der KBW versuchte den Spontis die Führung streitig zu machen. Der Erfolg ließ zu wünschen übrig und wo die Blöcke der Partei in standhaft den Knüppeln standhielten, hatten die Spontis mit der Hit and Run Taktik mehr Spaß und bekamen weniger ab. Für die KBW Leute waren die Schläge sowas wie eine Art Opfer für die Revolution.
In gewisser Weise war die Partei sogar erfolgreich und konnte neue Leute anwerben. Trotzdem gab’s  parteiintern auf den Deckel, weil sie sich rechtsopportunistischer Tendenzen schuldig gemacht hatten und sich mit dem Frankfurter Sumpf gemein gemacht hatten. Hier erinnert der Autor an ein typisches Phänomen in solchen Gruppen. Man kann es der Führung nicht recht machen. Gleich was man macht, Kritik und Runterputzen gehört zur Parteikultur. Und was den Fahrpreisprotest  und die Auseinandersetzung in der City angeht, in der Zeit verloren auch die anderen K Gruppen zeitweilig die Kontrolle über ihren jüngeren Anhang. Vermutlich folgte auch bei denen daraufhin interner Anschiß.
Dazu noch einige Worte zum berüchtigten Frankfurter Sumpf. Der Begriff entstammt natürlich aus dem Leninismus und diente lange Zeit als Bezeichnung für das Uniumfeld in Frankfurt mit dem Spontisumpf, wo man ideologisch versumpfte. Wo die Gefahr lauerte, jede ideologische Klarheit zu verlieren. Man wurde seinerzeit stets davor gewarnt, ideologisch zu versumpfen. Und im Sumpf lauerte auch stets die Fäulnis. Auch so ein Punkt. Dazu kommen wir noch.
Im Text erfahren wir was über den Mitgliederverschleiß im Verein. Seinerzeit ein Thema, irgendwann wieder vergessen. Wie das so geht, es gibt irgendwann andere Themen und diese Storys werden bedeutungslos. Koenen erinnert hier daran wie schon in der vorher erwähnten Fluktuation angedeutet. Die Austritte wurden seinerzeit als eine  Form von Desertion betrachtet und wohl vielfach auch so empfunden. Sie hatten zudem oft den Charakter einer panikartigen Flucht. Seltener waren Austritte mit einer schriftlichen Erklärung im ideologischen Sprachgebrauch. Oft war es eher ein Davonstehlen bei Nacht und Nebel. Die so Ausgetretenen fühlten sich selbst als Deserteure, als Gescheiterte die vor der gestellten Aufgabe versagt hatten und mieden die alten Zusammenhänge bzw. wurden auch gemieden. Sie wurden über Nacht zu Unpersonen über die niemand mehr sprach.
Es versteht sich, daß man darüber in der Parteipresse nichts zu lesen findet.
Das dürfte es gewesen sein. Man hält den Leistungsdruck nicht mehr aus und flüchtet. Traurigerweise ohne die Gründe zu hinterfragen und so blieben diese Fluchten weithin unsichtbar. In einer anderen Schrift ist dies ebenfalls ausgeführt. Da heißt es, betroffen machen mich Ehemalige, die diese Organisationen immer noch für die Kommunisten halten, von sich selbst aber sagen, daß sie die Kraft und Ausdauer nicht aufbringen. Diese Leute haben immer noch den Kopf voller ML – Schrott.
In der Tat, es dauerte etwas bis man darauf kam, das Politik einfach sein muß, weil sie alle machen müssen. Überlässt man die Politik einigen ideologisch gebildeten Spezialisten, schafft man nur die Voraussetzungen für eine neue Parteidiktatur. Genau so lief das ja im realen Sozialismus und innerhalb der radikalen Linken wurde dies als Theaterstück neu aufgeführt. Nur das man das Theater für die Realität hielt.
In einen Text im Kursbuch liest man Vergleichbares. Da geht es um die Rückkehr eines Bewußtseins, das schon mal überwunden schien. Daß Politik schwer ist, unsere Niederlagen nicht zählen, wohl aber unser Einsatz. Auf diese Haltungen konnten die K Gruppen ihre Vereine aufbauen und diese Leistungsideologie der Selbstlosigkeit (gib alles für den Erfolg der Firma)  findet sich heute als neoliberale Propaganda wieder.
Was man noch bemerken könnte. Was Koenen über diese kleinen Fluchten aussagt, erklärt warum daraus keine grundsätzliche Kritik an dieser Politikform folgte, weil sich die Betroffenen über Jahre hinweg wegduckten und teils bis heute, diese Zeit aus ihrer Biographie gestrichen haben. Viele wollen bis heute nicht dabeigewesen sein.
Koenen selbst sah sich dem Widerspruch ausgesetzt, Revolutionen mit Pensionsberechtigung gibt es nicht. Seine Position als Sekretär der Ortsleitung war mit seiner Stellung plus staatlichen Stipendiums nicht länger vereinbar. Darauf folgte sein Eintritt in die Arbeitswelt mit dem Kontakt zur vielzitierten Arbeiterklasse und ihrem Originalton, der weit vom projizieren Bild entfernt war. Und dann weg mit den ganzen Kanaken und Drogengeschmeiß. Und Arbeit für alle, aber für einige ganz besonders, so richtig mit der Knute. Woraus man durchaus was hätte lernen können. Dachte er gar nicht dran und damit war er im linken Mainstream. Die Mehrzahl der Linken versuchte mit geistiger Verbiegung und gedanklicher Hochleistung der Arbeiterklasse ein richtiges Bewußtsein zu bescheinigen das nur von reaktionären Ansichten überlagert war. Darunter freilich lag das reine Klassenbewußtsein, das nur mit der richtigen Agitation geweckt werden mußte.
Diese unerwünschte Außenwelt wurde in internen Säuberungen und Abgrenzungen rationalisiert. In einer 1:1 Kopie einer großen Kommunistischen Parteien. Man erschafft eine eigene Realität, in der die erfahrene Realität der Außenwelt nicht mehr existiert.
Eine der Auswirkungen des Kampfes gegen den Rechtsopportunismus (bzw. Linksopportunismus) war ein Text, mit dem ein Autor seine ideologische Festigkeit unter Beweis stellen wollte und in Cohn Bendits Lob der Fäulnis, ein dankbares Ziel gefunden hatte. Der Schrieb wäre von den Adressaten nicht weiter ernstgenommen worden und schnell vergessen. Hätte es nicht den provokativen Schlußsatz gegeben.
‚Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder er wird von der Arbeiterklasse eine nützliche Tätigkeit zugewiesen bekommen, etwa in einer Fischmehlfabrik in Cuxhaven, oder er wird während der Revolution von den Massen an den nächsten Baum befördert.‘
Der Satz erfüllte seinen Zweck. Er schuf Feindschaft zwischen dem KBW und den Spontis. Als Antwort kippten einige Spontis im KBW Büro (seinerzeit noch in Bornheim) Fischmehlsäcke aus.
Koenen versucht diesen Vorfall abmildernd zu erklären. Der Autor der von der Küste stammte, meinte mit dieser Metapher eben, eine Fischmehlfabrik galt dort eben als Inbegriff für harte und schlecht bezahlte Arbeit.
Was aber seinerzeit eher faschistoid roch und auch so verstanden wurde. Damit zählt die Fischmehlfabrik bis heute zu den Frankfurter Lokalmythen.
Zur KBW Geschichte gehört der Kauf des Hauses in der Mainzer Landstraße und das Geld wurde durch eine Sonderabgabe zusammengebracht. Irgendwer wollte das etwas humorvoll ausdrücken und kam auf den Einfall, die Bourgeoisie mit dem Geldsack schlagen. Schon das war außergewöhnlich für so eine kleine Organisation. Kühl KG hieß der Verein, unter dem der Handel abgeschlossen wurde. Und diese Kühl KG diente am Ende auch als Verwalter und Abwickler des Parteinachlasses, bis hin zum Tausch gegen ein neugebautes Ökohaus am Westbahnhof. In dem fanden etliche Alternativprojekte wie schon vorher in der Mainzer Landstraße  Arbeitsräume und auch die früher parteieigene Druckerei Caro Druck, druckte nun die TAZ. KBW Rest und Alternative hatten irgendwie wieder zusammengefunden. Man kam ja aus dem gleichen Stall. Ist freilich eine eigene Geschichte. Dafür wirft folgender Vorgang ein markantes Licht auf die Dauerkonspiration, die bisweilen absurde Züge annahm. Der Umzug in die neue Zentrale wurde wie ein Manöver vorbereitet und heimlich in achtundvierzig Stunden durchgeführt, als ginge es um eine Hausbesetzung.  Dabei gehörte ihnen das Haus bereits. Auch so eine Geschichte, die den meisten Außenstehenden entgangen sein dürfte. Dafür zieht sich konspiratives Getue durch die Geschichte der K - Gruppen und da bildete der KBW keine Ausnahme. Diese Konspiration, als könnte man schon morgen verboten und einkassiert werden, diente in erster Linie der Disziplinierung der eigenen Gefolgschaft. In Gegenzug dazu, gelang es der Polizei, die Abokartei der Roten Fahne der KPD/AO bei einer Durchsuchung abzugreifen. Eine nette Datensammlung. Der KBW führte Autocorsos durch und wer wollte, mußte nur die Kennzeichen notieren. Es ließen sich noch viele Fälle anführen, welche die Konspiration geradezu konterkarierten und zeigten, was ihr Hauptzweck war. Das steht da nicht zu lesen. Ich weiß eben etwas mehr und ich war nichtmal dabei. Zu der für Außenstehende etwas unverständlichen Politik, gehörten in Frankfurt die regelmäßigen unerlaubten Demos an Sylvester mit unvermeidlicher Konfrontation mit der Polizei. Bei der Auseinandersetzung um die Schließung des Abendgymnasiums, machte sich der KBW nicht nur Freunde. Dann der Aktionismus nachdem Infostände verboten wurden. Trotzdem durchführen und sich mit der Polizei prügeln. Das waren Geschichten, die auch Außenstehende vom Verein zu hören bekamen, bzw. im Lokalteil lesen durften.
Vom Gesamtinhalt über das Rote Jahrzehnt ist der KBW natürlich das Thema über das der Autor sachkundig schreiben kann. Doch alles erfährt man nicht. Wär auch zuviel verlangt und als Insider entgeht einen so einiges, was man erst als Außenstehender bemerkt. Dazu gehören die Persönlichkeitsveränderungen wenn jemand in einen Sektiererverein gerät. So konnten Exsektierer, wenn sie auf Sektierer trafen, deren Weltbild noch durch keine Zweifel getrübt war, erstaunt feststellen, es war wie ein Blick in den Spiegel. Als träfen sie ihr früheres Ich. Das Vollquatschen, nicht zuhören können, die Zweifelsfreiheit und Weigerung andere Ansichten gelten zu lassen. Hier fragten sich so einige, war ich auch mal so drauf gewesen? Was hab ich mir dabei gedacht?
Hier ließe sich nochmals auf die sechzig Regalmeter Papier verweisen, die zehn Jahre Parteigeschichte hinterlassen haben. Soviel unwiederbringlich vergeudete Lebenszeit, könnt man meinen. Ist das idealistisch? Das ließe sich vom Rest der Vereine genausogut sagen. Die manische Textproduktion hatten sie gemeinsam.
1980 ging ein Riß durch den KBW, bzw. was davon noch übrig war. Darüber ist wenig zu lesen. Möglicherweise weil der Autor diese Auseinandersetzung selbst nicht mehr versteht. Wie das in dieser Ideologie abläuft, die tatsächlichen Gründe werden unter dicken Papierschichten begraben, deren Inhalt nur dem Insider verständlich ist.
Möglicherweise waren einige mittlerweile bereit sich der Realität zu stellen, und darauf hatten die sonst zurechtgestutzten nur gewartet, es nun den Rechtsabweichlern zurückzuzahlen. Dazu mußten sie nur die reine Lehre hochhalten und jedes Zurückweichen als Kleinbürgerlich, Reformistisch und was noch alles, verdammen. So könnt man sich s vorstellen. Ich war nicht dabei. Sollte es so oder in der Art gelaufen sein, dann konnten sich die Vertreter der reinen Lehre nicht mehr durchsetzen. Es kam zur Spaltung. Die Hüter der Flamme, wie Koenen das an anderer Stelle ausdrückt, verließen die Zentrale und gründeten den BWK der noch eine Zeit lang durch die Politlandschaft spukte. Seine politische Bedeutung ging wie die der restlichen Gruppen gegen Null.

Es versteht sich, daß jeder ein Ereignis unterschiedlich beschreibt. Den ‚Deutschen Herbst‘ erlebte er in einer apokalyptischen Stimmung, einer Mischung aus drohenden Krieg und Parteiverbot. Zumindest die Verbotsdrohung war ja real.
Und er beschreibt die selbstgeschaffene irreale Welt der Partei 77, als sich andere wegduckten bzw. die Standarderklärungen zum individuellen Terror Lenins zitierten. Da wurden u.a. Planspiele über die kommende Revolution ausgearbeitet. So sollte der unvermeidliche Weltkrieg in einen Bürgerkrieg umgewandelt werden. Von wem? Von dem kleinen Verein?
Das ausbleibende Verbot ermöglichte es dem KBW erstmal wie gehabt weiterzuarbeiten und sich weiter zu isolieren. Dafür wurde die Spendenbereitschaft der noch vorhandenen Gefolgschaft gefordert. Damit konnte neue Technik und eine Druckmaschine angeschafft werden, mit der die parteieigenen Schriften nun produziert wurden.
In dem Verein dabei zu sein, war ein teurer Spaß. Ironischerweise waren die noch am besten dran, die ohnehin kein Geld hatten. Wer verdiente, hatte alles über 1000 DM abzuliefern. Dann gab es noch diverse frühere Bindungen der Genossen an ihre kleinbürgerliche Herkunft. Was sich mit Vermögen oder Erbschaft übersetzen lässt, das ebenfalls dem Ausbau des Parteiapparates nutzbar gemacht wurde. Zwanzig Jahre danach, ist es die MLPD, die auf diese Weise ihre Parteiwelt finanziert.
Ein gewisser Stolz ist aus der Beschreibung herauszulesen, wenn Koenen den Organisationsapparat darstellt. Mit seinen Druckwerken, Redaktrongeräten mit Modem, den eigenen Anwalts und Arztpraxen und die Kurierfahrten mit der Saabflotte. Finanziert mit Ersparnissen, Lebensversicherung, Erbschaften, eben diese bürgerliche Kacke, die Revolutionäre eh nicht brauchen.
International gesehen, litt er Verein unter der Isolation.  Wir waren sehr allein auf der Welt. Wie ein kleines Volk, dessen Sprache niemand versteht. So drückt er das aus.
Im Dezember 78 reiste eine Delegation nach Kambodscha. Sie bereisten das Land und gaben in einer Schrift darüber Auskunft.  Und bekamen das zu sehen, was alle Revolutionsreisende zu sehen bekamen. Lachende Menschen bei fröhlichem Aufbauwerk. Killing fields? Bitte was? Aus dieser Erfahrung prägte sich hinterher der Begriff von Kambodscha als linker Auschwitzlüge. Und ja, kaum ein Linker wollte es zunächst glauben. Man hielt es einfach nicht für möglich. Auch prominente Linke wie Jan Myrdal oder Noam Chomsky rechtfertigten die leeren Städte mit den üblichen Argumenten. Kleines Land gegen den mächtigen Imperialismus. Kennt man.
Mittlerweile kam es zur Spaltung und die Auflösung begann. Für ihn selbst hieß das Versetzung nach Berlin. Sobald es warm wurde und die ganze bunte Vielfalt auf die Straße strömte, fand sich der Vertreter der Partei auf einmal in einer neuen und unverständlichen Welt wieder.  Hausbesetzungen, alternative Läden, Kneipen, Kulturprojekte und die Zentralorgane hießen TAZ oder Zitty und nicht KVZ. Er muß sich wie Alice im Wunderland gefühlt haben. Ein regelrechter Kulturschock.
Zwar war erst 82 für ihn die Parteigeschichte beendet, aber bereits hier dürfte er sich innerlich vom Verein verabschiedet haben, als er in Berlin erleben mußte, daß Vereine wie der KBW hier allenfalls Relikte aus der Vergangenheit sind, die niemand mehr ernstnimmt oder versteht.
Nachtrag
Soviel lässt sich noch sagen. Koenen übersieht natürlich nicht, wie relativ das Rote Jahrzehnt in der BRD zu betrachten ist. Zumal die Beteiligten nie eine reale Macht hatten, ihre Planspiele zu realisieren. Und auch ihre der Arbeitsideologie entnommenen Phantasien von nützlicher Arbeit und Schaufeln, mit denen man die Kapitalisten umerziehen wollte. Solche Vorstellungen weckten bemerkenswerte Assoziationen. Und das ausgerechnet in Deutschland. War das noch Kommunismus oder bereits Naziideologie? Oder wer hat bei wem geklaut?
Doch im Gegensatz zum Realsozialismus, mußten Querdenker und Renegaten nicht um ihr Leben fürchten oder flüchten. Selbst für die Trotzkisten, die eine dankbare Projektionsfläche boten, gab es allenfalls Hiebe. Was nicht heißen sollte, das der ideologische Hintergrund für Gewalt nicht vorhanden wäre. Hätten sie die Macht gehabt, man möchte nicht wissen, wozu einige fähig gewesen wären. Die ‚Genossen‘ in Kambodscha haben s vorgeführt.
Koenen beschreibt persönliche Erlebnisse, da fragt man sich schon, wie er nach solchen eigenen Betrachtungen noch daran glauben konnte und im Verein weitermachte. Die eigene Erfahrung zählt eben nicht. Die wird wegrationalisiert und gegen die heiligen Texte des Marxismus Leninismus ersetzt. Es ist der gleiche Grund, warum auch andere, wider besseres Wissen, diese Verein am Laufen hielten. Oder es bis heute tun.
Man war eben wer. Erster Sekretär in einer kommunistischen Partei? Stellvertretender Vorsitzender? Oder auch nur Ortsgruppenleiter und und und. Redakteur einer Zeitung? Wo sonst könnte man das? Oder man konnte als Delegierter des Vereins hier und da auftreten. Sonst wäre man allenfalls ein namenloser Linker, der es nicht einmal zum Leserbrief im Lokalblatt bringt. So fiktional die Posten auch waren, sie hielten die Beteiligten bei der Stange.
Die 70er hatten zwar einige Renegaten hervorgebracht, Koenen übersieht freilich nicht, das es kaum zur Augenhöhe mit den tatsächlichen Vorläufern reicht. Was können wir schon für Renegaten sein? Wie er es ausdrückt. Die Renegaten der 30er 40er Jahre, wurden aus der illegalen KPD ausgeschlossen, viele in Stalinrußland umgebracht oder an Nazideutschland ausgeliefert. Nur in den kapitalistischen Ländern konnten sie, ironischerweise den Stalinismus überleben.
Koenen nennt diese Zeit auch unsere kleine Kulturrevolution. Passt schon, denn sie tatsächliche Kulturrevolution kann man vom Namen her problemlos als Euphemismus bezeichnen. Klingt so harmlos. Kulturrevolution, tut doch niemand was. Daher wird sie bis heute vielfach als Metapher verwendet. Nun über die Vorlage ist genug bekannt, nur einige Hüter der reinen Lehre wie die MLPD verteidigen den Massenterror dieser Zeit  als Kampf gegen den Revisionismus. Hier spricht Koenen in einen Satz von den Hütern der Flamme. Es geht um die ‚Nie wieder Deutschland Demo‘ von 1990. War er dabei? Nicht im Demozug, schwer vorstellbar. Aber stand er als Zaungast daneben und ließ, wie er beschreibt, das Rote Jahrzehnt an sich vorüberziehen?
„Alle Strömungen und Parteien, sämtliche Konfessionen und Fraktionen, Internationalen und Totalitäten die es jemals gegeben hat  waren ….. zu besichtigen …… Mittendrin ein Wagen mit der großen Weltkugel, auf der tatsächlich noch einmal Lenin als der große Prolet mit der Schlägermütze stand und mit dem Besen den Globus von allen Ausbeutergeschmeiß rein fegte.“
Ja, so könnte er es empfunden haben. Wer das verpasst hat, jedes Jahr gibt es bei der LL Demo in Berlin eine Neuaufführung.
Doch nochmal zum Begriff, Hüter der Flamme. Ja, die gibt es noch und sie haben sich ins Internet verzogen, wo sie die altbekannten Propagandatexte kopieren. So werden alte Verteidigungsschriften der Schauprozesse eins zu ein und unkommentiert der Webgemeinde angeboten. Selbst da wo es zeitgemäßer zugeht, sind die Texte in einer Weise verfasst, wie man sie aus der Parteipresse in Erinnerung hat und fast meint, sie sind aus den 70ern abgeschrieben.
Im Abschluß des Werks benutzt Koenen die Metapher von der Mesa, von der sie irgendwann herabgestiegen sind. Der Kampf ist zuende. Nur, welcher Kampf? Meist fand er ohnehin nur auf Papier statt oder in symbolischer Form. Auch wenn selbst diese Form ab und an schmerzhaft war oder auch zu tödlichen Unfällen führte. Sicher kann man das nicht mit gesellschaftlichen Auseinandersetzungen messen, die um einiges heftiger verliefen und sich auch sonst nicht vergleichen lassen. Muß man auch nicht. Nun könnte man noch fragen, wozu braucht der Autor ein ganzes Buch dafür und was ist daran so wichtig beschrieben zu werden?
Als Grund ließe sich anführen, hier wurde im Kleinmaßstab die Geschichte des Kommunismus auf kleinsten Raum nachgestellt. Durchaus wie auf einer Bühne und je bedeutungsloser die Aufführung wurde, desto ernsthafter wurde das Stück vorgetragen. Oder, wie es mal jemand ausgedrückt hat. Die Demos wurden immer kleiner, die Spruchbänder immer größer.
Stellt sich noch die Frage, was steht einer Neuaufführung im Weg? Ich vermute mal, es ist die fehlende Jugend. Nicht das es an jungen Menschen fehlt. Doch eine der Auswirkungen des Geburtenrückgangs ist, es fehlt der Überschuß an Jugendlichen, die auf der Suche nach einen Sinn und einer politischen Heimat, früher das Rekrutierungsumfeld bildeten. Es gibt sie eben nicht mehr in der Überzahl, aus der sich die frischgegründeten Vereine bedienen konnten. Schaut man sich die Jugendorganisationen heutiger linker Parteien an, man könnte von einer schützenswerten Minderheit reden.
Was nichts daran ändert, daß für viele der Kampf keineswegs vorbei ist. Der fängt für viele erst an und nicht erst seit Hartz 4. Was dafür für viele vorbei ist und mit dem andere gar nicht erst anfangen sollten, ist der Kampf um die richtige Linie, der Kampf um die historische Deutungshoheit, oder der Kampf um die reine Lehre, die zu den Haupttätigkeiten der Anhänger der linken Schriftreligion geworden ist und zum Ersatz dafür, hier real was zu verändern.
Soviel lässt sich noch sagen. Die Entstehungsgeschichte linker Kleingruppen und ihr Werdegang, auch exotischer wie die MG oder KABD sind durchaus von Interesse. Kann man mittlerweile auch auf Wikipedia lesen, hier ist es durchaus lebendig geschrieben. Wozu das gut sein soll? Bekanntlich gäbe es weniger Gläubige, wenn diese statt ihrer Glaubenssätze, die Geschichte ihres Glaubensvereins besser kennen würden.

Nun haben wir s oft erwähnt.
Unser Rotes Jahrzehnt.

Viele waren dabei.
Trieben Unsinn mancherlei.

Alles sollte anders werden.
Nicht im Himmel, hier auf Erden.

Meiden tat man keinen Streit.
Auf unsere Seit die neue Zeit.

Doch führt der Glaube nicht zum Ziel.
Endet irgendwann das Spiel.

Nun müssen wir ernste Arbeit machen.
Das war echt zum Lachen.

Doch was bleibt von diesem Spiel?
Das wir sind noch nicht am Ziel.

Das Ziel geriet in weite Ferne.
Weiter als die fernsten Sterne.

Doch aus Fehlern kann man lernen.
Bevor man greift nach roten Sternen.

Das Leben genießen wie den Tag.
Statt ich mich für Utopien plag.

Soviel Unfug man damals tat treiben.
Heut kannst Bücher drüber schreiben.